Erdoğan hebt im Gastbeitrag Bedeutung der türkischen Minderheit in Deutschland hervor

DAILY SABAH MIT AGENTUREN
ISTANBUL
Veröffentlicht 27.09.2018 00:00
Aktualisiert 27.09.2018 14:04
AFP

Einen Tag vor seinem Deutschland-Besuch hat Präsident Recep Tayyip Erdoğan in seinem Gastbeitrag für die FAZ (Donnerstagausgabe) Deutschland dazu aufgerufen, die Gülenisten-Terrorgruppe (FETÖ) als Terrororganisation einzustufen. Zugleich sprach er sich aber für ein besseres deutsch-türkisches Verhältnis in den politischen Beziehungen aus und betonte die Bedeutung der gesellschaftlichen Integration der türkischen Minderheit in der Bundesrepublik.

Er erwarte von Deutschland ein härteres Vorgehen - nicht nur gegen die PKK, sondern auch gegen die Putsch-Drahtzieher der FETÖ. Solche terroristische Gruppen bedrohten auch die innere Sicherheit in Deutschland, so Erdoğan. Das türkische Volk fordere „seinerseits eine Rechenschaft von FETÖ" ein.

„Zumal wir mit Bedauern beobachten, dass sowohl die PKK als auch FETÖ mit ihren Mitgliedern und Organisationen sämtliche Instrumente, inklusive Manipulationen und Fehlinformationen, einsetzen, um unsere bilateralen Beziehungen zu sabotieren", schrieb Erdoğan. Dass die Türkei-Politik der Bundesrepublik oder die öffentliche Meinung des Landes durch Terrorgruppen oder anderen Randgruppen auf diese Weise geprägt werden, füge den deutsch-türkischen Beziehungen irreparable Schäden zu. Bei seinem Gastbeitrag wirbt der türkische Präsident aber auch für einen Neustart der Beziehungen beider Länder. Die Türkei wünsche sich eine Partnerschaft auf Augenhöhe: „Wir sind verpflichtet, unsere Beziehungen auf Basis beiderseitiger Interessen und fern von irrationalen Befürchtungen vernunftorientiert fortzuführen."

Hierfür biete „die Existenz der türkischen Diaspora in der Bundesrepublik (…) eine gute Chance". Die „transparente und offene türkische Diasporapolitik" der Türkei stelle „keinerlei Bedrohung" für die Bundesrepublik dar. „Vielmehr beruht unsere Diasporapolitik auf der Grundlage, dass sich die Auslandstürken unter Wahrung ihrer Sprache, Religion und Kultur aktiv in die Gesellschaft einbringen, in der sie leben, die Sprache bestens erlernen, an politischen Prozessen teilnehmen und sich als gute, rechtstreue Bürgerinnen und Bürger vollkommen integrieren."

Sie sei „der beste Garant für die Bildung und Entwicklung noch intensiverer Beziehungen beider Länder, von der Kunst zum Handel, von der Bildung und Forschung zum Tourismus sowie in allen weiteren Bereichen." Auch würde eine solche Diaspora „die entscheidende Hürde gegen die zunehmende Radikalisierung sein, die in Europa zu einer großen Bedrohung geworden ist". In diesem Zusammenhang könne der Beitrag türkischer Gemeinschaften, „allen voran der Ditib" für die Sicherheit in Deutschland im Kampf gegen Radikalisierung nicht verleugnet werden.

Außenpolitisch spricht sich Erdoğan für einen „Schulterschluss" der Türkei und Deutschlands gegen die auf Abschottung und Strafzölle setzende Handelspolitik der USA aus. Man müsse „derart destruktive Handelskonflikte verhindern".

Eindringlich warnt er vor einem weiteren Erstarken des Rechtsextremismus und der Islamfeindlichkeit in Deutschland und Europa: „Zuweilen stellt Islamfeindlichkeit gleichzeitig die größte Hürde bei den Beitrittsverhandlungen der Türkei zur EU dar."

„Der Anstieg des Rechtsradikalismus und der institutionelle Rassismus sind heute die größten Gefahren für die freiheitlich-demokratische Ordnung der Europäischen Union und ihr Ideal des friedlichen Zusammenlebens von unterschiedlichen Kulturen und Religionen", beklagte der türkische Staatschef in seinem Beitrag. Dieser Anstieg habe auch dazu geführt, dass die „politische Stabilität zahlreicher EU-Staaten heute am seidenen Faden" hingen.

Für die Zukunft wünsche er sich eine engeres Verhältnis, das beiden Staaten gerecht werden müsse: „Lassen Sie uns für den Wohlstand und die Zukunft der Völker beider Länder unseren beiderseitigen Nutzen steigern und unsere Probleme verringern."

Erdoğan hat Deutschland als Ministerpräsident und Staatschef bereits mehr als ein Dutzend Mal besucht. Jetzt kommt er am Donnerstag erstmals zu einem Staatsbesuch mit allen protokollarischen Ehren. Das offizielle dreitägige Besuchsprogramm beginnt aber erst am Freitag. Dann stehen zunächst Treffen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an. Am Samstag wird er an der Eröffnung der DITIB Zentralmoschee in Köln teilnehmen. http://sabahdai.ly/0QjTa8

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