Die FDP hat eine Verfassungsbeschwerde gegen den sogenannten Staatstrojaner eingelegt. Der Einsatz solcher Spähsoftware auf Computern oder Smartphones greife in "unverhältnismäßiger Art und Weise" in den "empfindlichen Bereich der digitalen Privatsphäre" ein, sagte FDP-Parlamentsgeschäftsführer Marco Buschmann am Montag. Buschmann zeigte sich überzeugt vom Erfolg der Klage: Die große Koalition überschreite mit dem Staatstrojaner "bewusst" die Grenzen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
Mithilfe dieser Spähsoftware können Ermittler etwa die Kommunikation in Messengerdiensten überwachen. Die Ermittlungsbehörden verteidigen den Einsatz dieser Technik als notwendiges Mittel, um im Zeitalter verschlüsselter Online-Kommunikation gegen Verdächtige ermitteln zu können. Kürzlich reichten bereits mehrere Kläger um den Datenschutzverein Digitalcourage eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein, die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) will am Freitag eine entsprechende Initiative präsentieren.
Bei der Vorstellung der FDP-Klage in Berlin nannte der Verfahrensbevollmächtigte Nikolaos Gazeas die Online-Durchsuchung den "schwersten Eingriff" in die Rechte der Bürger, den die Strafprozessordnung vorsehe. "Denn wer den Computer oder das Smartphone eines Menschen ausliest oder sogar kontinuierlich überwacht, weiß heutzutage letztlich fast alles über ihn."
Der Staatstrojaner ermögliche es den Ermittlern nicht nur, die Daten auf einem Rechner zu durchforsten, sagte der Anwalt. Er erlaube auch eine Überwachung in Echtzeit, als ob ein Ermittler beständig einen Blick über die Schulter auf den Rechner werfe und alles mitbekomme - und beispielsweise auch verworfene Passagen einer E-Mail oder eines Textes lesen könne. Die Online-Durchsuchung sei somit die einzige Maßnahme in der Strafprozessordnung, "die es sogar erlaubt, dem Menschen beim Denken zuzuschauen".
Die FDP will mit der Klage auch ihrem traditionellen Ruf als Bürgerrechtspartei wieder gerecht werden. Bei der Präsentation der Klage saßen auch die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Ex-Bundesinnenminister Gerhart Baum und der frühere Bundestagsvizepräsident Burkhard Hirsch auf dem Podium. Es müsse gegen dieses Gesetz Verfassungsbeschwerde eingereicht werden, sagte Leutheusser-Schnarrenberger. "Weil der Gesetzgeber mal wieder austesten will, was denn noch im digitalen Zeitalter an Grundrechtseinschränkungen möglich ist."