Die Jamaika-Unterhändler gehen heute in die nächste Sondierungsrunde - und machen sich weiterhin gegenseitig Vorwürfe. Die kleine Runde der Verhandler von CDU, CSU, FDP und Grünen berät zunächst über Bildung und Digitales.
Später werden auch die Themen Arbeit, Rente, Gesundheit und Pflege sowie Inneres und Recht behandelt. Am späteren Nachmittag will die große Gruppe mit mehr als 50 Teilnehmern eine Zwischenbilanz zum bisherigen Stand der Dinge ziehen.
Die Sondierungsgespräche waren am vergangenen Donnerstag wegen Streitigkeiten vor allem in der Klima- und Flüchtlingspolitik vertagt worden. Die Vorsitzenden der vier Parteien waren am Sonntagabend zu einem Geheimtreffen in der Bayerischen Landesvertretung in Berlin zusammengekommen, um die Lage und das weitere Vorgehen zu besprechen. Über Inhalte wurde zunächst nichts bekannt. Unions-Fraktionschef Volker Kauder sagte in der ZDF-Sendung «Berlin direkt», dass die Vorsitzenden sich treffen, und dass man da den Kurs festlegt, sei nichts Außergewöhnliches.
Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) sagte am Abend in der ARD-Sendung «Bericht aus Berlin», man sei nach den ersten Gesprächen näher an der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen, als dies vor zwei oder drei Wochen noch den Anschein gehabt habe. Die Themen Flüchtlinge, Migration und Klimaschutz seien «ganz wichtige Themen für die Zukunft dieses Landes». Deshalb sei es ganz normal, dass man dafür mehr brauche, als nur eine einzige Sondierungsrunde.
Der Grünen-Unterhändler Jürgen Trittin griff Union und FDP an. «Der Klamauk zu den Klimazielen muss aufhören», sagte Trittin dem «Spiegel». «Es waren Regierungen mit CDU- und FDP-Beteiligung, die diese Verpflichtungen vollmundig eingegangen sind, aber jahrelang nicht erfüllt haben.» Die Grünen «wollen genau diese Ziele jetzt umsetzen - und wieder stehen FDP und Union auf der Bremse». Er fügte hinzu: «Das ist ein Stück aus dem Tollhaus.»
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte der «Bild»-Zeitung (Montag): «Die Grünen provozieren das Scheitern von Jamaika. Wer vollkommen unreflektiert von der Flüchtlingskrise, der Polarisierung in unserem Land, der daraus resultierenden Wahlerfolge der AfD und den Spannungen in Europa seine Argumente vorträgt, der scheint an einer Regierungsbildung kein ernsthaftes Interesse zu haben.» Die CSU werde einer Koalition ohne klare Begrenzung der Zuwanderung nicht zustimmen.
Die CSU will bei den Gesprächen am Montag auch eine weitere Erhöhung der Mütterrente für Kinder die vor 1992 geboren wurden um einen Punkt fordern. Eine Ausweitung der Mütterrente ist nach Auffassung der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV-Bund) eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und muss deswegen mit Steuermitteln finanziert werden. Ansonsten drohe ein Beitragssatzanstieg schon in dieser Wahlperiode. Ein Rentenpunkt für diese Frauen kostet zwischen sechs und sieben Milliarden Euro.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte die künftige Bundesregierung aufgefordert, verbindliche Maßnahmen gegen den Pflegenotstand zu ergreifen. «Würde wahrende Pflege ist ohne würdige Arbeitsbedingungen nicht möglich. Notwendig sind gesetzliche Leitplanken für die Arbeitsbedingungen», sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch der dpa. Zudem forderte die Stiftung mehr Unterstützung für Berufstätige, die einen Angehörigen pflegen.
CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn sagte in der «Rheinischen Post» (Montag), die «Schwarze Null», also ein ausgeglichener Haushalt, gelte. «Alle vier Partner sind Parteien der Nachhaltigkeit.»
Der Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln, Michael Hüther, sagte der «Welt» (Montag), die Rente mit 63 müsse «rückabgewickelt» werden. Zudem müsse man darüber nachdenken, ab 2029 das Renteneintrittsalter auch über 67 Jahre hinaus zu erhöhen.
Der Kieler Gesundheitsökonom Thomas Drabinski fordert die Jamaika-Unterhändler auf, den Finanzausgleich zwischen den gesetzlichen Krankenkassen nochmals auf den Prüfstand zu stellen. Der Risikoausgleich nach der Schwere der Krankheiten der Versicherten der einzelnen Kassen habe zu Verwerfungen zwischen den Krankenkassen geführt, erklärte Drabinski der dpa.