Die erste Hürde für die Verfassungsreform wurde am späten Dienstag im Parlament genommen. Die ersten zwei Punkte des Entwurfs wurden gebilligt.
338 Abgeordnete der Nationalversammlung in Ankara stimmten dafür, die Beratungen über die einzelnen Artikel für die Verfassungsänderungen aufzunehmen. Das waren acht Stimmen mehr als die nötige Dreifünftelmehrheit. 134 Parlamentarier votierten dagegen, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete.
Mit der Reform will die Regierung das Land zu einem Präsidialsystem umbauen. Als Präsident erhielte Recep Tayyip Erdoğan unter anderem das Recht, Minister zu ernennen und zu entlassen.
Das Vorhaben der Regierungspartei AK-Partei, die über 316 Sitze im Parlament verfügt, erhielt damit Unterstützung aus den Reihen der Opposition. Der Chef der MHP, Devlet Bahçeli, hat seine Unterstützung für die Reform zugesagt, die allerdings auch in seiner Partei umstritten ist.
Vor der Abstimmung sprach Justizminister Bekir Bozdağ und sagte, dass diese Reform die Jahrzehnte lange Diskussionen zum Präsidialsystem in der Türkei beenden werden.
Als Reaktion auf die Kritik der CHP gab Bozdağ ein Beispiel von Mustafa Kemal Atatürk und İsmet İnönü, die damals auch ein Präsidialsystem vorschlugen. „Dies ist die Rückkehr zu den Verfassungen von 1921 und 1924, wo der Präsident seine Verbindung zu seiner Partei nicht aufgegeben hat. Mit Ihrer Einwände stimmen sie gegen die Verfassungen Atatürks." Atatürk war unteranderem der Gründer der Partei CHP und gilt heute noch als Vorbild für zahlreiche Türken, besonders für die Mitglieder der CHP.
Das Parlament begann am Dienstagabend mit den Beratungen über die 18 Artikel zur Verfassungsänderung, über die dann jeweils einzeln abgestimmt wird. Zum Schluss steht das Gesamtpaket zur Abstimmung. Den einzelnen Artikeln und dem Gesamtvorhaben müssen jeweils mindestens 330 der 550 Abgeordneten zustimmen.
Sollten alle Punkte und das Gesamtpaket gebilligt werden, wird im Frühjahr das Volk mit einem Referendum das letzte Wort sprechen.