Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat Kritik mit dem Vorwurf auf sich gezogen, Ärzte stellten zu viele Atteste aus und verhinderten so die Abschiebung von Ausländern. Solche Unterstellungen "entbehrten jeder Grundlage", erklärte Ärtzekammerpräsident Frank Ulrich Montgomery am Donnerstag in Berlin. De Maizière hatte gesagt: "Es werden immer noch zu viele Atteste von Ärzten ausgestellt, wo es keine echten gesundheitlichen Abschiebehindernisse gibt."
Es könne nicht sein, "dass 70 Prozent der Männer unter 40 Jahren vor einer Abschiebung für krank und nicht transportfähig erklärt werden", kritisierte der Innenminister in der Donnerstagsausgabe der "Rheinischen Post". "Dagegen spricht jede Erfahrung."
Für die Mediziner zähle immer der Einzelfall, erwiderte Montgomery im "Tagesspiegel" (Freitagsausgabe). "Wir lassen uns da nicht auf irgendwelche statistischen Spielereien ein." Wenn de Maizière Zweifel an der Richtigkeit von Attesten habe, könne er diese von den Landesärztekammern überprüfen lassen. Montgomery betonte, dass Ärzten Konsequenzen "von der Rüge bis zur heftigen Strafe" drohten, wenn sie mehrfach falsche Atteste ausstellten.
Die Opposition kritisierte die Äußerungen de Maizières scharf. "Dass der Bundesinnenminister Ärzten die Urteilsfähigkeit abspricht, weil ihm seine Abschiebezahlen nicht passen, zeigt, dass nicht nur ein politisches Konzept, sondern auch der Anstand fehlt", erklärte der Vizevorsitzende der Linken-Fraktion im Bundestag, Jan Korte. Die Aussagen de Maizières ließen "jede Empathie und Menschlichkeit vermissen".
Grünen-Chefin Simone Peter verwies auf Angaben von Pro Asyl, wonach fast jeder zweite Asylsuchende unter einer posttraumatischen Belastungsstörung oder vergleichbaren Erkrankungen leide. "Wer in Kenntnis dieser Zahlen Ärzte auffordert, gegen ihren hippokratischen Eid zu verstoßen und ihnen Gefälligkeitsgutachten unterstellt, tritt grundlegende Menschenrechte mit Füßen", kritisierte Peter.