Der Erste Weltkrieg war vielleicht einer der größten Katastrophen in der türkisch-islamischen Geschichte. Der Krieg endete mit einer großen Niederlage und die Verantwortlichen für die Niederlage flohen ins Ausland. Die osmanische Regierung wurde in die Verpflichtung gestellt, den Waffenstillstand von Mudros zu unterzeichnen. In dieser Hinsicht hat die Invasion Anatoliens durch die alliierten Mächte, das nationale Bewusstsein entfacht. In fast jeder Stadt wurden Kongresse abgehalten, wo man darüber diskutierte, wie man am besten auf die Besetzung reagieren könne. Unter den Organisatoren der Kongresse waren die Gewerkschafter und Mitglieder des „Komitees für Einheit und Fortschritt", die eine starke Organisation gebildet hatten und ihre Macht während einer zehn-jährigen Diktatur im Osmanischen Reich stärkten.
Sultan Vahideddin, der damals auf dem Thron über der Asche des Krieges saß, fürchtete, dass eine Auflehnung gegen den souveränen Weltführers der Zeit, dem Britischen Königreich, die Konsequenzen des Krieges noch schlimmer machen würde und hoffte, sein Land durch Diplomatie retten zu können. Er hat nicht erwartet, dass die Widerstandsbewegung in Anatolien einen Sieg gegen den starken Feind gewinnen würde. Er wollte diese Bewegung zentralisieren und damit günstigere Bedingungen erzielen und unterzeichnete vorerst den Vertrag. Nun, wer würde die Strippen ziehen? Istanbul war besetzt.
Eine Gelegenheit
Mittlerweile gab es Krach zwischen den Griechen und den Türken im östlichen Schwarzmeer. Ein hochrangiger Offizier musste nach Anatolien geschickt werden, um die Einhaltung des Waffenstillstandes zu überwachen. Die Briten forderten, dass es ein hochrangiger Pascha sein müsste, der kein Gewerkschafter oder ein Sympathisant der Deutschen war. Mustafa Kemal Pascha, der an der syrischen Front besiegt worden war und seine Armee während des Ersten Weltkrieges dezidiert wurde, war zu der Zeit in Istanbul und anscheinend der einzige Akteur, der die notwendigen Voraussetzungen erfüllen konnte. Er überzeugte auch den Sultan mit seiner scheinbaren Loyalität.
Mustafa Kemal Pascha, der zuvor die Tochter des Sultans heiraten und Kriegsminister werden wollte, aber nicht erfolgreich war, stellte eine Freundschaft zu dem italienischen Besatzungsbeauftragten Graf Sforza her, um sich zu schützen. So wurde er alsbald aus der kritischen Liste der Verbündeten entfernt und umging die Verhaftung, der er als ehemaliger Gewerkschafter ausgesetzt war. Obwohl er ein Komitee mit seinen Freunden, darunter auch Fethi Bey, in seinem Haus in Şişli aufstellte und einen Putsch plante, um den Sultan zu entthronen, gab er die Idee bald auf, weil er glaubte, die Besatzungsmächte würden es nicht zulassen.
Dafür hat gab er seiner Freundschaft mit den Briten mehr Gewicht. In der „Minber" Zeitung, die er gründete, schrieb er Artikel, die „die Sensibilität und den Respekt der Briten gegenüber dem Freiheitswillen unserer Nation und der Unabhängigkeit unseres Staates" lobten. Er befürchtete, Enver Pascha, der nach Russland geflohen war, würde zurückkommen und seine Herrschaft in bolschewistischer Prägung wiederherstellen. Die bolschewistische Verwaltung, die eine absolute Herrschaft über das Land ausübte. Die Briten beugten sich irgendwann dem Erzrivalen und Gegner, Mustafa Kemal. Die Briten beobachteten ihn, seit er 1913 in Sofia als Militärattaché ernannt wurde, außerdem war man mit seinen weltlichen und modernen Ideen vertraut.
Mittlerweile hatte er, dank seines britischen Freundes, des Journalisten und Geheimdienstbeauftragten Ward Price, die britische Verwaltung kontaktiert. Er sprach mit dem Agenten Reverend Frew im Pera-Palast. Er war seit seiner Zeit in Syrien mit dem britischen General Allenby befreundet, der seinerseits sogar im Februar 1919 die Ernennung von M. Kemal Pascha als Kommandeur der 6. Armee empfahl. Als Folgeschluss all dieser Kontakte erkannte der Pascha, dass Großbritannien ein Protektorat/Schutzgebiet in Anatolien errichten würde. Er dachte, dass er in diesem System etwas zu sagen haben könnte und beschloss daher nach Anatolien zu gehen.
Die Absicht des Sultans
Die Regierung von Damat Ferid Pascha beschloss, ihn als 9. Armeeinspektor nach Anatolien zu schicken und ihm außerordentliche Befugnisse zu gewähren, die ihm sogar erlaubten Gouverneure zu entlassen. Die geringe Menge an Finanzmitteln, die der Schatzkammer zur Verfügung stand, wurden ihm übergeben und er wurde auch mit Pferden und Kutschen versorgt. Die Gouverneure wurden angeordnet, dem Pascha jede Art von Unterstützung zu gewähren.
Wie auch in „der großen Ansprache" erwähnt, traf ihn der Sultan im Yıldız-Palast und sagte: „Pascha! Sie haben dem Land so viel gedient. Dieser [Triumph] wird aufgezeichnet. Der Dienst, den Sie jetzt geben werden, könnte wichtiger sein als alles Vorherige. Sie können den Staat retten."
Nachdem er diese Geschichte in der großen Rede erzählt hatte, sagte der Pascha, dass er nach Anatolien geschickt wurde, um von Istanbul ferngehalten zu werden. Diejenigen, die seine Entsendung organisierten, wurden nach der Gründung der Republik zu Feinden erklärt.
Im offiziellen Jargon der „revolutionären Geschichte" wurde der Sultan in die Position eines „pro-britischen Verräters" gestellt, und einige rechte Parteien sahen den Sultan als Initiator eines „nationalen Kampfes" in Anatolien. In der Tat, die Sultan wollte keinen neuen Krieg und die Menschen auch nicht. Der Sultan nahm an, dass auch die Briten keinen Krieg haben wollten, er plante daher mit einer feinfühligen Politik eine vorteilhafte Position gegenüber seinen Verbündeten in Anatolien zu erlangen.
Um den Staat zu retten, plante der Sultan, den Feind in Furcht zu versetzen und sie dazu zu zwingen, einen günstigen Friedensvertrag zu unterzeichnen, indem man dem Feind zusichern würde, dass die Osmanen keine Bedrohung für den Weltfrieden oder die imperialistischen Interessen waren. Man sollte warten bis sich die Situation beruhigt hat. Die Verhinderung der Gründung eines Pontus-Staates in der Schwarzmeerregion und Enver Paschas Rückkehr waren auch wichtige Eckpunkte.
Der Pascha war immer noch in seine Zweifel gefangen. Haben sie ihn wirklich von Istanbul abgeschoben? Wie sehr konnte er dem Palast und den Briten vertrauen? Deshalb blieb er in Istanbul und nahm verschiedene Gründe als Vorwand für sein Ausharren. Als die Griechen mit der Unterstützung der Briten am 15. Mai in Izmir landeten, war er von der Ernsthaftigkeit der Situation überzeugt. Er machte sich mit einer Gruppe von 17 Personen und dem Visum des britischen Besatzungsbeauftragten auf, um dann am 19. Mai 1919 am Hafen von Samsun zu landen. Dieses Datum gilt als Ausgangspunkt der kemalistischen Bewegung und markiert den Beginn der „offiziellen Geschichtsschreibung.
Eine geheime Aufgabe
Der hochrangige Offizier, der vom Sultan nach Anatolien geschickt wurde, war ein Strahl der Hoffnung für das Volk. Während fast jeder dachte, dass er mit einer geheimen Mission kam, gab M. Kemal Pascha, der über das Becken nach Amasya kam, ein Rundschreiben aus. Dann machte er sich auf, um am Erzurum-Kongress teilzunehmen, der von den Menschen organisiert wurde. Die Mitglieder der „Einheitspartei" des Kongresses näherten sich ihm mit Argwohn, und sie wollten nicht einmal, dass er an dem Treffen teilnahm. Er konnte an dem Kongress mit der Unterstützung von General Kazım Karabekir teilnehmen, der die Armee im Osten führte und diese noch nicht, gemäß der Vereinbarung, entwaffnet hatte. Er verstand genau, wohin die Situation führte. Wahrscheinlich klangen die Worte der britischen Verwaltungen noch in seinen Ohren.
Die Istanbuler Regierung rief ihn zurück, entweder aus Sorge oder unter dem Druck der Verbündeten. Als er nicht auf die Anweisungen reagierte, wurde er aus dem Wehrdienst entlassen, was einen Wendepunkt in der Geschichte markiert. Denjenigen, die glaubten, dass M. Kemal Pascha heimlich aus Istanbul geschickt worden war, um den nationalen Kampf zu organisieren, sicherte Karabekir zu, dass seine Armee nach wie vor unter seinem eigenen Kommando stand.
Obwohl er republikanische Ideen hatte, verfolgte M. Kemal Pascha eigentlich nicht die Idee eines nationalen Kampfes, weder vor, als auch nach dem 19. Mai, genauso wie der Sultan. Es gibt romantische Ausdrücke des historischen Jargons, dass er immer jenes Ziel verfolgt habe und in Samsun landete und heimlich Istanbul zu diesem Zwecke verließ, entgegen dem Willen des Sultans und der Briten. Der Sultan, der den Plan der Briten nicht genau durchschauen konnte, leitete unabsichtlich die anatolischen Bewegung ein. Die Bewegung, die er später unterstützte, endete mit einem Triumph, der ihm sein Sultanat kostete und das Osmanische Reich in die Geschichte begrub.