Die Zahl der bei den gesetzlichen Krankenkassen eingegangenen Patientenbeschwerden über mögliche Behandlungsfehler ist gestiegen. Im vergangenen Jahr prüften die Gutachter 15.094 solcher Vorwürfe, wie der Medizinische Dienst des Kassenspitzenverbands (MDS) am Dienstag in Berlin mitteilte. Dies waren etwa 270 Fälle mehr als 2015.
In gut jedem vierten Fall - das betraf 4072 Beschwerden - bestätigten die Gutachter einen Fehler. In 3564 Fällen davon führte der Fehler zu einem Schaden beim Patienten. Diese Zahlen sanken dem MDS zufolge gegenüber dem Vorjahr leicht.
"Leider bedeutet das jedoch nicht, dass sich das Risiko, einen Behandlungsfehler zu erleiden, generell verringert hätte", erklärte Stefan Gronemeyer, stellvertretender Geschäftsführer des MDS. Daten zu Behandlungsfehlern lägen in Deutschland nur punktuell vor, weshalb sich "auch das Gefährdungsrisiko nicht beziffern" lasse.
Gronemeyer forderte eine Meldepflicht für Behandlungsfehler ähnlich wie in Großbritannien. Die wäre ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Sicherheitskultur. "Jeder Fehler, aus dem heute nichts gelernt wird, kann sich jedoch morgen wiederholen und erneut vielleicht einen schweren Schaden verursachen", warnte der MDS.
Neben den Krankenkassen erfassen auch Gerichte, Haftpflichtversicherer sowie die Ärztekammern Vorwürfe zu mutmaßlichen Behandlungsfehlern. Die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern prüften im vergangenen Jahr mehr als 11.500 Patientenbeschwerden und bestätigten 2245 Behandlungsfehler. Das war ein leichter Anstieg im Vergleich zum Vorjahr.
In der aktuellen Statistik der Krankenkassen bezog sich ein Drittel aller Vorwürfe (33 Prozent) auf das Fachgebiet Orthopädie und Unfallchirurgie. Zwölf Prozent der Beschwerden betrafen die innere Medizin und Allgemeinmedizin, jeweils weitere neun Prozent die Allgemeinchirurgie und Zahnmedizin, sieben Prozent die Frauenheilkunde und vier Prozent die Pflege.
Max Skorning, Leiter Patientensicherheit beim MDS, forderte eine systematische Fehleranalyse. "Es ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen, die systematisch erfasst und analysiert werden muss."
Für eine bessere Prävention seien zum Beispiel Informationen über Fehler nötig, die einerseits besonders schwerwiegend sind, andererseits aber als sicher vermeidbar gelten. Dies seien etwa nach der Operation verbliebene Tupfer oder die Verwechslung von Blutkonserven. "Solche Fehler zeigen einen Sicherheitsmangel im System an, weniger ein Versagen des Einzelnen", erklärte der Experte.