Ungarn und die Slowakei müssen sich nach Einschätzung eines wichtigen Gutachters am Europäischen Gerichtshof an der Umverteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU beteiligen. Generalanwalt Yves Bot empfahl, die Klagen der beiden Länder abzulehnen.
Meistens folgen die Luxemburger Richter der Empfehlung ihres Gutachters. Das mit Spannung erwartete Urteil dazu könnte ab September fallen (Rechtssachen C-643/15 und C-647/15).
Die Regierungen in Budapest und Bratislava klagen gegen den Beschluss vom September 2015 zur Umverteilung von bis zu 120 000 Flüchtlingen. Sie waren damals ebenso wie Tschechien und Rumänien im Kreis der EU-Staaten überstimmt worden.
Gutachter Bot weist in seiner Stellungnahme nun die Argumente der Kläger auf ganzer Linie zurück. Weder sei an der Rechtsgrundlage des Beschlusses etwas auszusetzen, noch habe es Verfahrensfehler gegeben. Es habe keine Verpflichtung für die EU-Staaten gegeben, den strittigen Beschluss einstimmig zu fassen.
Auch inhaltlich verteidigt Bot die Entscheidung zur Flüchtlingsverteilung in Europa. Angesichts des starken Andrangs auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise im Sommer 2015 sei die Übernahme von Migranten durch andere Länder ein geeignetes Mittel zur Entlastung von Italien und Griechenland gewesen.
Dass sich die Umverteilung in der Praxis nur bedingt als wirksames Mittel zur Entlastung erwiesen habe, ist laut Bot nicht relevant. Zumal ausgerechnet die Verweigerungshaltung der beiden Staaten dazu beigetragen habe: «Die Argumentation der Kläger läuft im Grunde genommen darauf hinaus, dass sie einen Vorteil daraus ziehen wollen, dass sie dem angefochtenen Beschluss nicht nachgekommen sind», schreibt der Jurist.
«In der Tat haben die Slowakische Republik und Ungarn durch die Missachtung ihrer Umsiedlungsverpflichtungen dazu beigetragen, dass das in dem angefochtenen Beschluss festgelegte Ziel von 120 000 Umsiedlungen auch heute noch längst nicht erreicht ist.»
Die auf Ungarn sowie auf Tschechien und Polen, sich an der Aufnahme von Bootsflüchtlingen zu beteiligen. Die Behörde leitete heute die nächste Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens ein und forderte die Regierungen ausdrücklich zum Einlenken binnen Monatsfrist auf. Falls sie sich weigern, wäre der nächste Schritte eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof.
In einem anderen Punkt hat der EuGH heute - zwei Jahre nach Beginn der großen Flüchtlingswelle - ein Grundsatzurteil gefällt und damit die geltenden EU-Asylregeln bestätigt. Abweichungen von diesen Regeln waren demnach trotz der damaligen Ausnahmesituation in Ländern wie Kroatien nicht zulässig.
2015 und 2016 hatten sich über die Westbalkanroute Hunderttausende Menschen auf den Weg in die EU gemacht. Kroatien hatte wegen des Andrangs die Grenzen geöffnet und die Menschen in andere EU-Staaten durchreisen lassen. Vor dem EuGH ging es um zwei Fälle, in denen Menschen ihre Asylanträge danach in Österreich und Slowenien gestellt hatten.
Beide Länder sahen jedoch Kroatien in der Pflicht, die Asylverfahren abzuwickeln. Denn nach der sogenannten Dublin-Verordnung ist jener Mitgliedstaat für die Prüfung eines Antrags zuständig, in dem der Flüchtling zuerst europäischen Boden betritt. Die Richter bestätigten diese Auffassung.
Wenn ein EU-Staat aus humanitären Gründen die Ein- oder Durchreise erlaube, entbinde ihn das nicht von seiner Zuständigkeit für die Prüfung der Asylanträge. Der Grenzübertritt sei in solchen Umständen weiter als illegal zu werten.
Die Richter folgten damit nicht den Argumenten der EuGH-Generalanwältin, die unter den damaligen ungewöhnlichen Umständen ein Abweichen von den Dublin-Regeln für rechtens hielt.