Startschuss für den Bau des ersten türkischen Kernkraftwerks Akkuyu in Mersin

DAILY SABAH
ISTANBUL
Veröffentlicht 03.04.2018 00:00
Aktualisiert 03.04.2018 17:03
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Um den Anteil heimischer Ressourcen zu erhöhen und die Abhängigkeit von importierten Energieressourcen zu verringern, hat die Türkei 2010 ein Nuklearprogramm gestartet. Das Kernkraftwerk in Akkuyu, in der südlichen Provinz Mersin, ist zugleich das erste Kernkraftwerk der Türkei. Dafür beauftragt wurde das russische Unternehmen Rosatom - unter Beteiligung türkischer Projekt-Partner (49%).

Mit dem Spatenstich für den Bau des Kernkraftwerks wird heute der Grundstein für Akkuyu gelegt. Daran beteiligt sind auch Präsident Recep Tayyip Erdoğan und sein russischer Amtskollege Wladimir Putin.

Das AKW-Akkuyu schafft allein bei dessen Bau Arbeitsplätze für 10.000 Menschen. Nachdem es in Betrieb geht, werden schätzungsweise 3.500 Menschen dauerhaft in dem Werk beschäftigt sein. Von den türkischen Firmen, die an dem Projekt teilnehmen, erhofft sich der Staat einen Mehrwert von 6 bis 8 Milliarden US-Dollar – dieser soll der türkischen Wirtschaft zugutekommen.

Mit geschätzten Kosten von 20 Milliarden US-Dollar ist das AKW-Akkuyu zugleich die teuerste Investition für ein einzelnes Projekt, das jemals in der Türkei auf die Beine gestellt wurde. Die Anlage wird aus vier Reaktoren mit einer installierten Leistung von 4.800 Megawatt (MW) bestehen, wobei jeder Reaktor eine Kapazität von 1.200 MW haben wird. Das Kernkraftwerk Akkuyu soll bis zum Jahr 2023, dem 100. Jahrestag der Republik Türkei, fertiggestellt werden und jährlich etwa 35 Milliarden Kilowattstunden (kWh) Strom erzeugen.

Das AKW-Akkuyu wird dann eine Lebensdauer von 60 Jahren haben. Nach Inbetriebnahme wird das Kraftwerk schätzungsweise rund 10 Prozent des türkischen Strombedarfs decken, was dem Stromverbrauch von Istanbul, der größten türkischen Metropole, entspricht.

Das erste Abkommen über das Akkuyu-Projekt war 2010 mit Russland unterzeichnet worden, 2013 wurde dann Rosatom mit dem Bau beauftragt. Beim Projekt kam es immer wieder zu Verspätungen und wurde zeitweise sogar gestoppt – letzteres geschah nachdem die Türkei im November 2015 einen russischen Jet nahe der syrischen Grenze abgeschossen hatte. Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern haben sich mittlerweile wieder normalisiert, und auch die Arbeiten an dem Projekt wurden wieder aufgenommen.

Letztes Jahr im Juni verkaufte Rosatom 49 Prozent seiner Anteile am Akkuyu-Projekt an ein türkisches Konsortium, das aus Cengiz-Kolin-Kalyon (CKK) besteht und jeweils einen Anteil von 16,3 Prozent hält.

Mit einer jährlichen Energierechnung von 50 Milliarden US-Dollar will die Türkei die Menge importierter Ressourcen reduzieren, die das Leistungsbilanzdefizit des Landes belasten. Zu diesem Zweck hat das Land bereits 2013 ein Projekt für ein zweites Kernkraftwerk in der nördlichen Schwarzmeerprovinz Sinop gestartet. Hierbei sind sowohl Japan als auch französische Unternehmen am Werk. Japanischen Quellen zufolge werden die Projektkosten auf 15 Milliarden US-Dollar geschätzt.

Ein drittes Projekt ist ebenfalls in Planung. Dieses hat man im Mai 2017 mit China vereinbart. Das AKW soll diversen Berichten und Aussagen zufolge im Bezirk İğneada in der nordwestlichen Provinz Kırklareli errichtet werden.

Nach Angaben des Ministeriums für Energie und natürliche Ressourcen waren im Jahr 2017, im Monat August, 446 Kernreaktoren in 31 Ländern mit einer installierten Leistung von 392, 521 MW in Betrieb – weitere 59 Kernreaktoren befinden sich demnach in 16 Ländern im Bau. Diese Reaktoren machen 11 Prozent der weltweiten Stromversorgung aus. Auf Länderebene bezieht Frankreich etwa 73%, die Ukraine 52%, Belgien 51%, Schweden 40%, Südkorea 30%, die gesamte EU 30% und die USA 20% ihres Strombedarfs über Kernkraftwerke.

Derzeit werden 19 Kernreaktoren in China gebaut, sieben in Russland und sechs in Indien. Darüber hinaus befinden sich in den USA zwei Kernreaktoren im Bau, vier in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), drei in Südkorea und ein Kernreaktor in Frankreich.

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