Nach mehreren Befangenheitsanträgen soll der NSU-Prozess am Mittwoch weitergehen. Das Oberlandesgericht (OLG) München muss allerdings über noch ausstehende Befangenheitsanträge entscheiden. Eine weitere Verzögerung könnte das Verfahren in Gefahr bringen.
Nach der gesetzlichen Regel muss die Verhandlung in dieser Woche weitergehen. Ansonsten wäre die vorgeschriebene Unterbrechungsfrist überschritten. Ein OLG-Sprecher rechnete am Montag damit, dass der Termin am heutigen Mittwoch stattfinden kann.
Die Prozessparteien erwarten als nächstes den Beginn der Nebenklage-Plädoyers. Voraussichtlich soll die Anwältin einer iranisch-stämmigen Familie aus Köln den Anfang machen. Einer der NSU-Terroristen soll vor Weihnachten 2000 einen Sprengsatz in einer Christstollendose in dem Geschäft hinterlassen haben, der im Januar 2001 explodierte und eine Tochter der Familie schwer verletzte.
Der NSU-Prozess gegen Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Helfer des «Nationalsozialistischen Untergrunds» war ins Trudeln geraten, als vor drei Wochen die Bundesanwaltschaft zwölf Jahre Gefängnisstrafe für André E. forderte. E. war laut Anklage der treueste Helfer der Neonazi-Terroristen. Die Bundesanwaltschaft beantragte außerdem Haftbefehl gegen E., der bis dahin auf freiem Fuß war.
Beim darauffolgenden nichtöffentlichen Hafteröffnungstermin gab es dem Vernehmen nach lauten Streit, der dann in eine Serie von Befangenheitsanträge mündete. Den letzten dieser Anträge reichte E.s Verteidiger Michael Kaiser vergangenen Mittwoch ein. Am Freitag verschickte die Bundesanwaltschaft ihre Stellungnahme dazu.
Zunächst setzte das Gericht allen anderen Prozessparteien eine Erklärungsfrist bis zu diesem Mittwoch um 9.00 Uhr. Die entsprechenden Dokumente liegen der Deutschen Presse-Agentur vor. Ein OLG-Sprecher bestätigte auf Anfrage die Fristen-Problematik. Später wurde die Frist noch einmal bis Donnerstag um 15.00 Uhr verlängert.
E. hat nach Überzeugung der Anklage Fahrzeuge gemietet, mit denen die Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt zu Tatorten fuhren, und bei der Tarnung des NSU-Trios geholfen haben. Er habe zudem Zschäpe geholfen, nach dem Auffliegen des NSU aus Zwickau zu verschwinden.
Für Zschäpe hatte die Bundesanwaltschaft eine lebenslange Haftstrafe gefordert. Sie soll Mittäterin bei allen Straftaten des NSU gewesen sein. Dazu gehören neun Morde an türkisch- und griechischstämmigen Gewerbetreibenden und der Heilbronner Polizistin Michele Kiesewetter.