Wegen Internetvideos von einer Pokémon-Jagd in einer Kirche hat ein russisches Gericht einen Blogger zu dreieinhalb Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.
Das Gericht in Jekaterinburg sprach den militanten Atheisten Ruslan Sokolowski am Donnerstag wegen Anstiftung zum Hass auf Gläubige schuldig. Er hatte Videos seiner Pokémon-Jagd auf die Videoplattform YouTube gestellt.
Sokolowski hatte sich selbst dabei gefilmt, wie er in einer bekannten Jekaterinburger Kirche auf seinem Smartphone virtuelle Pokémon-Monster jagte. Dabei fluchte er und sagte, Pokémons seien dort leichter zu finden als Jesus. Das im vergangenen August auf der Online-Plattform YouTube veröffentlichte Video wurde mehr als 1,6 Millionen Mal aufgerufen. Seither verbrachte Sokolow neun Monate im Gefängnis und unter Hausarrest.
Sokolowski plädierte auf unschuldig und lehnte ein Geständnis ab. Sein Fall verdeutlicht den Einfluss der orthodoxen Kirche in Russland und weckt Erinnerungen an den Skandal um die Punk-Band Pussy Riot, deren Mitglieder wegen einer Performance in einer Moskauer Kirche zu Lagerhaft verurteilt wurden. Diese hatten sich mit ihrer Aktion kritisch mit Präsident Wladimir Putin auseinandergesetzt.
Die Äußerungen des Angeklagten "verwirrten die Bürger" und seien "respektlos gegenüber der Gesellschaft", sagte Richterin Jekaterina Schoponiak. Sie folgte der Argumentation der Staatsanwaltschaft, dass einige der Videos auf Sokolowskis Youtube-Kanal die Gefühle religiöser Menschen verletzten. Zugleich setzte sie die gegen ihn verhängte Haftstrafe zur Bewährung aus und entließ den Angeklagten außerdem aus dem Hausarrest.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte Sokolowskis Freilassung gefordert. Dieser sei allein wegen seiner Überzeugungen inhaftiert worden. Der Anklagte selbst bezeichnete sich in einem leidenschaftlichen Schlusswort vor Gericht als "Atheisten und Kosmopoliten", der niemanden davon abhalten wolle, seine Religion auszuüben.