Beim politischen Aschermittwoch hat CSU-Chef Markus Söder gemäßigte Mitglieder der AfD zum Austritt aus der Partei aufgerufen.
«Kehrt zurück und lasst die Nazis alleine in der AfD. Es ist Zeit für einen Richtungswechsel», sagte der bayerische Ministerpräsident in Passau.
Insbesondere der Flügel um den Thüringer Rechtsaußen Björn Höcke sei klar auf dem Weg ins Rechtsextreme.
Zugleich übte Söder - der unrasiert und ohne Krawatte auftrat - den Schulterschluss mit der Schwesterpartei CDU. In der Zuwanderungspolitik arbeiteten die Unionsparteien künftig eng zusammen, sagte er. «Wir sind zwei Parteien, aber beim Thema Zuwanderung: ein Kurs», betonte der Ministerpräsident. «Es gibt eine neue Linie der CDU, die die alte der CSU ist.»
Die Grünen kritisierte Söder dagegen und schloss Schwarz-Grün wegen Differenzen in der Flüchtlingspolitik auf absehbare Zeit aus. Darüber hinaus warnte der CSU-Chef die SPD, mit unrealistischen Reformplänen die Zukunft der Bundesregierung zu gefährden. Er wiederholte seine Ablehnung für die Reformpläne der SPD zur Grundsteuer und zur Grundrente. Zudem unterstrich er seine Forderung nach einem vollständigen Abbau des Solidaritätszuschlags.
Mit ruhigeren Tönen trat zuvor CSU-Vize Manfred Weber auf. Seinetwegen waren Vertreter von 40 internationalen Medienorganisationen nach Passau gereist; erstmals in der Geschichte der CSU-Traditionsveranstaltung wurden die Reden simultan ins Englische übersetzt. Der Grund: Weber ist der gemeinsame Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) bei der Europawahl in knapp drei Monaten.
Der Politiker spannte in seiner Rede den großen Bogen, von den Ursprüngen der EU bis zu aktuellen Entwicklungen. US-Präsident Donald Trump drohte er mit spürbarem Gegenwind für den Fall, dass dieser tatsächlich Strafzölle auf deutsche Fahrzeuge einführe. «Wir lassen uns als Europäer nicht erpressen.»
Den aktuell brisanten Konflikt innerhalb der EVP sprach Weber dagegen nicht an. Am 20. März könnte der EVP-Vorstand die ungarische Regierungspartei Fidesz ausschließen, nachdem es Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban mit seiner aktuellen Anti-Brüssel-Kampagne offenbar endgültig übertrieben hat.
Die SPD-Spitzenpolitikerin und Bundesjustizministerin Katarina Barley hingegen warf der CSU Versagen im Umgang mit Fidesz vor. «Wer Viktor Orban so lange so hofiert hat, wie das die CSU getan hat, ihn immer wieder auf ihre Parteitage eingeladen hat, so jemand will kein funktionierendes Europa, das auf einem solidarischen Geben und Nehmen beruht», sagte die SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl in Vilshofen.
AfD-Chef Jörg Meuthen kritisierte die Europäische Volkspartei für deren Umgang mit Orban. CSU-Vize Manfred Weber habe Orban komplett unannehmbare Bedingungen gestellt, sagte Meuthen beim politischen Aschermittwoch seiner Partei im niederbayerischen Osterhofen. Andererseits sei Orban in der EVP, die längst «linke Politik» mache, nicht mehr zu Hause, sagte Meuthen und betonte: «Ich würde ihm den roten Teppich ausrollen.»
Kritiker werfen Orban vor, in Ungarn seit Jahren Demokratie und Rechtsstaat auszuhöhlen, kritische Medien zum Schweigen zu bringen und die Opposition durch Repressalien wie willkürliche Geldstrafen zu schwächen. Nun droht Orban und dessen rechtsnationaler Fidesz-Partei wegen einer hoch umstrittenen Anti-Migrations-Kampagne der Rauswurf aus der europäischen Parteienfamilie EVP.
Die FDP-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Nicola Beer, sagte in Dingolfing, es gehe um ein Europa, das gestärkt werden müsse und mit einer gemeinsamen, starken Stimme spreche. Der ehemalige Parteivorsitzende der Linken, Klaus Ernst, sagte, es gehe darum, «die EU in eine Union umzuwandeln, in der es nicht nur um die Interessen der Wirtschaft geht, sondern vor allem um gleichwertige Lebensbedingungen».
Die Grünen nutzten den Aschermittwoch ebenfalls zu Attacken und warfen der CSU Scheinheiligkeit in der Klima- und Umweltpolitik vor. So sagte die Chefin der bayerischen Landtags-Grünen, Katharina Schulze, mit Blick auf Söder: «Ich warte ja nur darauf, dass er irgendwann pressewirksam in Latzhose, Jesuslatschen und mit Jutebeutel in die Staatskanzlei marschiert.»
Grünen-Chef Robert Habeck forderte die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer auf, sich für ihre umstrittene Äußerung über die Einführung von Toiletten für das dritte Geschlecht in einer Karnevalsrede zu entschuldigen. Es sei immer billig, auf Minderheiten herumzureiten, sagte Habeck in Biberach.
Am Abend will Kramp-Karrenbauer - wie in den Vorjahren Kanzlerin Angela Merkel - im mecklenburgischen Demmin auftreten.
Der politische Aschermittwoch feiert in diesem Jahr seinen 100. Jahrestag: 1919 hatte der bayerische Bauernbund anlässlich des Viehmarkts im niederbayerischen Vilshofen erstmals zu einer Kundgebung geladen - das Politspektakel war geboren. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der politische Aschermittwoch von der Bayernpartei wiederbelebt, bevor die CSU und auch alle anderen Parteien folgten.