Nach 18 Jahre legt Merkel ihr Amt als CDU-Vorsitzende nieder. Das neue Gesicht der CDU-Spitze ist mit knapper Mehrheit Annegret Kramp-Karrenbauer (kurz: AKK) geworden. Sie setzte sich gegen den ebenfalls favorisierten Friedrich Merz durch. Jens Spahn wurde bei der Wahl seiner Außenseiterrolle gerecht.
AKK war bereits lange vor ihrer Wahl zur CDU-Spitze als Merkels Nachfolgerin gehandelt worden – auch in der Bevölkerung. Dies wurde durch repräsentative Umfragen bestätigt – zuletzt im Dezember 2017 durch Forsa. Sie wuchs im Saarland als Tochter eines Sonderschullehrers auf. Neben ihrem Magisterstudium der Politik- und Rechtswissenschaften engagierte sie sich bereits sehr früh bei der Jungen Union im Saarland, wo sie von 1985 bis 1988 im Landesvorstand saß und später im Jahr 2011 die CDU in jenem Bundesland führte. Seit Februar dieses Jahres war sie Generalsekretärin der Union. Mit der Wahl zur CDU-Vorsitzenden erreichte sie mit 56 Jahren ihren bisherigen politischen Höhepunkt.
Zum neuen CDU-Generalsekretär wurde indes der junge Paul Ziemiak gewählt. Diese Entscheidung wurde von Hermann Hesse, dem Schatzmeister der CDU-Mittelstandsbewegung, scharf kritisert: „Unglaublich, wie man jemanden zum General vorschlagen kann, der noch nie mit bodenständiger Arbeit Geld verdient hat, der keinen vernünftigen Abschluss vorweisen kann und das reale Leben nur aus der Politikbrille kennt. (…)", so zitierte ihn die Bild-Zeitung. AKK hatte hier wohl maßgeblich dazu beigetragen, Ziemiak zum neuen Amt zu verhelfen - auch wenn er dies vehemnnt bestreitet.
Merkel galt ihrerzeit als Schützling von Helmut Kohl, den sie später politisch beerbte – auch wenn sie sich, nach dessen Spendenaffäre, im nachhinein von ihm distanzierte. Diese Linie wird nun mit AKK fortgesetzt, denn sie gilt als weitgehend treue Vertreterin der Merkel-Linie, als sogenannte Merkel 2.0. Diese Tatsache verspricht einerseits außenpolitische Kontinuität, andererseits auch innenpolitische Stagnation. Daher ist es fraglich, ob AKK den anhaltende Stimmenverlust der CDU abwenden kann oder sie lediglich das sinkende Boot steuern wird. Merkel hat sich angesichts dessen strategisch klug aus der Verantwortung gezogen, bevor es zu spät gewesen wäre. Viele sehen in AKK die neue Kanzlerin. Die Bild-Zeitung behauptete, dass sie 2020 das Amt inne haben werde. Laut aktuellen Umfragen konnte die CDU bereits nach der Wahl von AKK einige Punkte bei der Wählergunst hinzugewinnen.
Friedrich Merz, der im Vorfeld als stärkster Konkurrent galt, wäre ein Mann aus der Wirtschaft für die Wirtschaft gewesen. Als Millionär und Geschäftsmann wurde er aber nicht wirklich als Lösungsfinder für die sozialen Probleme des Landes betrachtet. Der derzeitige Gesundheitsminister Jens Spahn, der als Außenseiter ins Rennen ging, hätte die Ausrichtung der Partei wahrscheinlich ein Stück weit nach rechts geschwenkt. Im Vorfeld hatte er angekündigt, die Wähler zurückholen zu wollen, die zu rechten Parteien abgewandert sind.
Auch wenn AKK als Merkels Erbin gilt, einige Unterschiede in der politischen Ausrichtung sind nicht von der Hand zu weisen. Beim Thema Migration beispielsweise setzt AKK zwar auf Zuwanderung, die sie für die Wirtschaft als nützlich betrachtet, aber als Innenministerin im Saarland verfolgte sie gegenüber Flüchtlingen eine harte Linie. Sie erwägt, anders als Merkel, eine Rückführung syrischer Flüchtlinge. Damit ging sie - zumindest bei dieser Sache weiter als Innenminister Seehofer.
AKK gilt zudem als wesentlich konservativer als die Protestantin Merkel. Sie sprach sich im Gegensatz zu ihr gegen die Homoehe aus. Dennoch ortet sie sich politisch in der Mitte an. Sie scheine das liberale und konservative Lager zu einer breiten Mitte zu vereinen, schreibt Marc Röhlig vom Onlinemagazin Bento.
AKK ist darüber hinaus Entscheidungsfreudiger, wenn es um politische Fragen geht. Merkel hingegen ließ sich nicht nur viel Zeit um das für und wider abzuwägen, sondern beachtete auch immer die Stimmung des Volkes und richtete sich öfter auch danach. Das wiederum brachte sie oftmals in Konflikt mit der eigenen Partei.
Anders als Merkel scheut sich AKK nicht vor Populismus. Im Saarland verhängte sie ein Auftrittsverbot für türkische Politiker – obwohl es zu dem Zeitpunkt keinerlei Anfragen gab. Florian Gathmann vom Spiegel warnt davor, ihre politische Härte zu unterschätzen, ohne die sie ihre Ziele nicht hätte erreichen können.
Welche Auswirkungen die Wahl von AKK auf die künftige Haltung der CDU bei den deutsch-türkischen Beziehungen haben wird, kann man noch nicht genau voraussehen. Eine drastische Wendung wird es aber wohl nicht geben, da die Entspannungsphase in den Beziehungen innerhalb der CDU größtenteils unterstützt wird. Dies hatte sich zuletzt bei gegenseitigen Besuchen der politischen Akteure geäußert.
Ihre Haltung in Integrationsfragen oder zum Islam in Deutschland ist noch nicht wirklich ersichtlich. AKK gibt sich bei diesen Themen noch deutlich zurückhaltend.