Präsidentschaftswahl: Fünf Kandidaten treten gegen Erdoğan an

DAILY SABAH MIT AFP
ISTANBUL
Veröffentlicht 04.05.2018 00:00
Aktualisiert 04.05.2018 16:41
DHA

Die türkische Opposition schickt bei der Präsidentschaftswahl am 24. Juni fünf Kandidaten ins Rennen gegen den Amtsinhaber Recep Tayyip Erdoğan. Trotz intensiver Gespräche war es den Parteien nicht gelungen, sich auf einen gemeinsamen Kandidaten zu einigen. Sollte Erdoğan aber in der ersten Wahlrunde keine absolute Mehrheit erhalten, könnte sich die Opposition in der Stichwahl noch hinter dem stärksten Gegenkandidaten zusammenschließen.

RECEP TAYYIP ERDOĞAN

Der ebenso charismatische wie populäre Politiker regiert die Türkei seit 15 Jahren. 2003 wurde er erstmals zum Regierungschef gewählt, 2014 übernahm er dann das Präsidentenamt. Unter der Regierung seiner liberal-konservativen Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AK-Partei) hat das Land einen beispiellosen Wirtschaftsboom erlebt, doch hat der 64-Jährige auch stetig mit politischen Gegnern zu kämpfen und einer teilweise polarisierten Gesellschaft.

Für die Wahl ist Erdoğan ein Bündnis mit der Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP) des 70-jährigen Devlet Bahçeli eingegangen, mit dem er seit dem Putschversuch von Juli 2016 kooperiert. Das Wahlbündnis soll der durch die Abspaltung der IYI-Partei geschwächten MHP den Einzug ins Parlament erlauben und Erdoğan eine absolute Mehrheit in der ersten Runde der Präsidentenwahl sichern.

MUHARREM INCE

Die traditionsreiche, aber auch umstrittene linksnationalistische Republikanische Volkspartei (CHP) hat sich nach langen Beratungen auf Muharrem Ince als ihren Kandidaten geeinigt. Der Abgeordnete aus Yalova, der am Freitag seinen 54. Geburtstag feierte, gilt als feuriger Redner. Der langjährige Fraktionsvize hatte im September 2014 und erneut im Januar den CHP-Chef Kemal Kılıçdaroğlu herausgefordert, war ihm aber im Kampf um den Parteivorsitz unterlegen.

Trotz ihrer Rivalität ließ Kılıçdaroğlu ihm nun den Vortritt als Präsidentschaftskandidat. Der frühere Physiklehrer Ince gilt in der Partei als Verfechter eines streng kemalistischen Kurses. Als Abgeordneter machte er sich einen Namen durch scharfe Kritik an Erdoğan. In der Diskussion um die Aufstellung von Ex-Präsident Abdullah Gül als Oppositionskandidat sagte Ince aber, er würde eher für Erdoğan als für Gül stimmen.

MERAL AKŞENER

Die frühere Innenministerin hatte die nationalistische MHP 2016 im Streit verlassen und im vergangenen Oktober mit anderen Dissidenten die IYI-Partei (Gute Partei) gegründet. Im Fall ihrer Wahl will Akşener den Wechsel zum Präsidialsystem rückgängig machen. Der 61-Jährigen wird zugetraut, Stimmen nationalistischer Wähler aus verschiedenen Lagern zu gewinnen.

Für die meisten Kurden ist die nationalistische Hardlinerin dagegen nicht wählbar, da sie die Kurden bis heute nicht als eigenständige Volksgruppe anerkennt. Im Ausland wird Akşener oft mit der französischen Rechtspopulistin Marine Le Pen verglichen. Zwar ist sie mit anderen Oppositionsparteien ein Wahlbündnis eingegangen, hat es aber abgelehnt, Ex-Präsident Gül als gemeinsamen Kandidaten aufzustellen.

SELAHATTIN DEMIRTAŞ

Der PKK-nahe Politiker tritt für die Demokratische Partei der Völker (HDP) an, obwohl er seit eineinhalb Jahren im Gefängnis sitzt und innerhalb der Türkei für Kontroversen sorgt. Bei der Präsidentschaftswahl im August 2014 war ihm ein kurzzeitiger Erfolg gegen die AK-Partei unter Erdoğan gelungen, und im Juni 2015 hatte der 45-Jährige seine HDP erstmals ins Parlament geführt. Dies kostete der AK-Partei im ersten Wahlgang die Mehrheit.

Im November 2016 wurden Demirtaş und andere Abgeordneten unter dem Vorwurf festgenommen, in Machenschaften der verbotenen Terrororganisation PKK verwickelt zu sein. Heute ist die HDP durch die Inhaftierung von Funktionären und Mitgliedern geschwächt und politisch marginalisiert. Die PKK-nahe Partei ist auch unter anderen Oppositionsparteien umstritten und daher größtenteils politisch isoliert.

ANDERE KANDIDATEN

Die kleine linksnationalistische Vatan-Partei schickt ihren Chef Doğu Perinçek ins Rennen. Für die kleine islamisch-konservative Saadet-Partei tritt ihr Vorsitzender Temel Karamollaoğlu an, nachdem es ihm nicht gelungen war, Ex-Präsident Abdullah Gül als Kandidaten zu gewinnen. Die Partei steht in der politischen Tradition der Milli Görüş Bewegung von Necmettin Erbakan und ist ein Gegner der zunehmenden Privatisierung der Türkei.

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