Erdoğan: Türkei warnte Barzani vor den Konsequenzen des Unabhängigkeitsreferendums

SERDAR KARAGÖZ @serdarkaragoz
ISTANBUL
Veröffentlicht 19.10.2017 00:00
Aktualisiert 19.10.2017 15:21
Erdoğan: Türkei warnte Barzani vor den Konsequenzen des Unabhängigkeitsreferendums

KRG-Präsident Barzani habe darauf bestanden, trotz zahlreicher Warnungen aus Ankara, auf Kosten von Irbil und der Region, ein Referendum abzuhalten, sagte Präsident Recep Tayyip Erdoğan

Die kurdische Regionalregierung (KRG) hat den größten Teil der Territorien außerhalb der offiziell anerkannten autonomen Region Kurdistans, einschließlich Kirkuk, Sinjar, Makhmour und Qanaqin, verloren, nachdem die irakische Armee und die Pro-Bagdad-Miliz ihren Vorstoß am späten Sonntag gestartet hatten. Damit wurde die Kontrolle über jene Gebiete übernommen, die beim Unabhängigkeitsreferendum der KRG Streitthema waren. Darüber hinaus haben sich die USA und Deutschland von ihren Initiative mit KRG-Präsident Masoud Barzani zurückgezogen. Alle Ölfelder und Anlagen in der Provinz Kirkuk sind einem Sprecher des Ministeriums zufolge unter der vollen Kontrolle des irakischen Ölministeriums.

„Das Ministerium verfügt nun auch über die Ölquellen und Einrichtungen in Kirkuk", sagte Asim Cihad gegenüber der Nachrichtenagentur Anadolu (AA). Am Montag nahmen die irakischen Streitkräfte Kirkuk ein, drei Wochen nachdem die KRG ein Referendum über die Abspaltung der kurdischen Region im Nordirak abgehalten hatte. Die ölreiche Provinz Kirkuk gehört zu den zwischen der irakischen Zentralregierung und der KRG umstrittenen Gebieten, die in Artikel 140 der irakischen Verfassung definiert sind. Diese wurde nach der US-Invasion im Irak und dem Sturz Saddam Husseins verabschiedet.

„Der Gouverneur von Kirkuk [Najmaldin Karimi], der die Provinz zur Verhandlungssache gemacht hat, als ob sie ihm gehört hätte, ist jetzt geflohen und verschwunden", sagte der Präsident und fügte hinzu, dass die demografischen Sensibilitäten der aus Turkmenen und Arabern bestehenden Stadt Kirkuk weder von der Barzani-Regierung, noch von der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) in Betracht gezogen worden sei.

Am Montag und Dienstag hatten irakische Truppen und alliierte Milizen die nördliche Provinz Kirkuk und ihre lukrativen Ölfelder sowie ehemalige von der KRG gehaltene Gebiete der Provinzen Ninive und Diyala - als Reaktion auf eine illegitime Unabhängigkeitserklärung im vergangenen Monat - zurückerobert.

Ankara werde die Entwicklungen und die Schritte, die Bagdad unternimmt, aufmerksam verfolgen, einschließlich die Ernennung eines neuen Gouverneurs in Kirkuk.

Laut Erdoğan wartet der irakische Ministerpräsident Haider al-Abadi auf eine Einladung aus Ankara, um die jüngsten Entwicklungen zu diskutieren, die entweder vor oder nach dem Besuch des türkischen Präsidenten in Saudi-Arabien kommen soll.

„Wie Sie wissen, haben wir unseren Luftraum zu der Regionalverwaltung von Kurdistan geschlossen. Wir diskutieren nun darüber, was am Boden getan werden kann. Wir werden sehen, ob sie die Kontrolle der Grenzen an die Zentralregierung übertragen oder nicht. Wenn dies geschieht, werden wir die Bedingung vorbringen, die Bedürfnisse der Menschen im Nordirak von Bagdad anzugehen. Wir haben die Grenzen nicht geschlossen, aber das kann jederzeit passieren", sagte er. Der Präsident betonte zudem, dass Ankara, falls die Nachrichten über die Kontrolle der Regionen Sinjar und Makmour durch die Hashd al-Shaabi-Miliz wahr sein sollte, man separate Gespräche mit den Parteien führen könnte.

„Visa-Krise sollte bald gelöst werden"

Präsident Recep Tayyip Erdoğan kommentierte auch die jüngste Visa-Krise zwischen den USA und der Türkei. Er sagte, er halte die Krise nicht für ein langfristiges Thema. „Ich hoffe, dass die Treffen zwischen den Delegationen bald ein Ergebnis aufzeigen, so dass die Visa-Frage hinter uns gelassen wird und die Beziehungen ihre normale Linie wieder aufnehmen."

Obwohl es einige Ausnahmen in Bezug auf Visaanträge gegeben hatte, sagte der Präsident, dass diese nicht als Normalisierungssignal wahrgenommen werden sollten, da solche Ausnahmen nur für medizinische Situationen gemacht würden.

„Metin Topuz, einer der Namen, die die Visa-Krise mit den USA verursacht haben, wurde verhaftet, aber eine zweite Person namens NMC ist auch im Gespräch. Alles deutet darauf hin, dass er sich im Konsulat versteckt hält. Ehefrau und Tochter wurden befragt, aber später unter gerichtlichen Auflagen wieder freigelassen", sagte Erdoğan und betonte zudem, dass es im Falle einer begangenen Straftat Pflicht der Justizbehörden sei, die nötigen Schritte im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit zu ergreifen.

„Die USA müssen Probleme mit einer gut geplanten Diplomatie lösen"

Präsident Erdoğan äußerte sich auch zu den jüngsten Spannungen zwischen der Trump-Regierung und dem Iran, er sagte, dass die Haltung der Türkei klar sei und dass Streitigkeiten mit einer aufrichtigen und guten Diplomatie gelöst werden müssten.

„Diejenigen, die Sanktionen gegen den Iran verhängen wollen, müssen zuerst auf sich selbst schauen. Es kann kein Verständnis dafür geben, dass man denkt `eine Handlung ist ungesetzlich, wenn sie von anderen, als uns durchgeführt wird´. Die Probleme müssen durch gute Absichten und Diplomatie gelöst werden."

Erdoğan kritisierte die US-Behörden, nicht in Übereinstimmung mit einer gut gemeinten Diplomatie gehandelt zu haben, und implizierte, dass Washington etwas ankündigt, aber dann doch anders handelt: „Sie [die Trump-Regierung] bezeichnet uns als strategischen Partner. Dies spiegelt sich in den Beziehungen nicht wider. Sie gehen hin und geben Haftbefehle für mein Sicherheitspersonal aus." Auch ein Botschafter könne die Beziehungen zwischen der Türkei und den USA schädigen, sagte Erdoğan in Bezug auf den scheidenden US-Botschafter John Bass.

„Die Türkei erwartet, dass die EU positive Schritte unternimmt, um die Beziehungen zu normalisieren"

Als Reaktion auf eine Frage, ob die Beziehungen der Türkei zur EU in jüngster Zeit Verbesserungen erfahren haben, sagte Präsident Erdoğan, dass die Beziehungen während den Wahlperioden in einigen Mitgliedsstaaten enorm gelitten hätten.

„In der Tat haben sie uns ernsthaft verärgert, aber in der Politik sollten die Bindungen nicht gekappt werden. Derzeit bemühen wir uns, die Beziehungen zu normalisieren, ohne die Beziehungen zu kappen", sagte der Präsident. „Ich hoffe, dass positive Resultate erzielt werden."

Rücktritte von Bürgermeistern ein Teil der AK-Partei-Revitalisierung

Präsident Erdoğan äußerte sich auch zu den jüngsten Debatten über den Rücktritt von mehreren Bürgermeistern der Gerechtigkeits- und Entwicklungsparteien (AK-Partei). Er sagte, diese Bürgermeister seien aufgrund von Wahlvorschlägen von Parteiführern gewählt worden und keine unabhängigen Kandidaten. Wenn Parteiführer eine Entscheidung zum Rücktritt träfen, dürften diese der Entscheidung nicht konträr gehen. „Diejenigen, die zum Rücktritt aufgefordert werden, können die Angelegenheit nicht nach dem Muster `Ich bin hierher kommen, ich werde hier bleiben´ deuten". Er erwarte daher, dass in den kommenden Tagen auch die Bürgermeister von Ankara und Bursa ihren Rücktritt verkünden.

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