Eine Woche vor der Bundestagswahl kämpfen die Grünen für einen Stimmungsumschwung und eine Regierungsbeteiligung als drittstärkste Kraft. Vor dem Wahlparteitag in Berlin wirbt das Spitzenduo der Grünen, Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir, für eine «Richtungsentscheidung» in Deutschland.
Im Wahlkampf-Endspurt verschärfen die Grünen nicht nur den Ton gegenüber der FDP. Mit Themen wie Klimaschutz und Gerechtigkeit sollen auch rot-grüne Wechselwähler gewonnen werden.
«Jetzt zählt's», sagte Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt der Deutschen Presse-Agentur. «Wir mobilisieren und kämpfen bis zum letzten Tag gegen den Rechtsruck in Deutschland, gegen schwarz-gelben Rückschritt und für Fortschritt mit starken Grünen.» Nur die Grünen rückten Umwelt und Gerechtigkeit ins Zentrum. «In der Regierung wollen wir aus der schmutzigen Kohle aussteigen, die industrielle Massentierhaltung beenden, für saubere Luft mit abgasfreien Autos sorgen, die Kinderarmut bekämpfen und Pfleger, Hebammen und Erzieher besser stellen», sagte Göring-Eckardt.
Nach den Worten von Parteichef Özdemir entscheidet der 24. September «über das Gesicht» Deutschlands: «Es geht darum, unser freiheitliches Land gegen den drohenden Rechtsruck in Deutschland zu verteidigen», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Özdemir nannte es unerträglich, «wie AfD-Leute offen mit der rechtsextremen Szene sympathisieren». Die Grünen stünden klar gegen Rechtspopulismus, Rassismus und jegliche Ausgrenzung: «Bei der Integration haben wir große Aufgaben vor uns: Grundlage dafür sind die freiheitlichen Werte unseres Grundgesetzes.»
Bisher stagnieren die Grünen in Umfragen bei etwa acht Prozent der Stimmen. Nach der Wahlschlappe von 2013 mit damals mageren 8,4 Prozent wollen die Grünen aber wieder zweistellig in den Bundestag einziehen - als drittstärkste Kraft vor FDP, Linken und AfD. Rechnerisch würde es derzeit weder für ein schwarz-gelbes Regierungsbündnis aus Union und FDP reichen noch für eine schwarz-grüne Koalition aus CDU, CSU und Grünen. Einzige reale Regierungsoption für FDP und Grüne wäre demnach eine «Jamaika»-Koalition gemeinsam mit der Union.
Vor dem Wahlparteitag grenzte sich Özdemir nochmals klar von den Liberalen ab und betonte, er sehe wenig Gemeinsamkeiten beider Parteien für ein «Jamaika»-Bündnis. In ihrem Wahlaufruf warnen die Grünen vor Rückschritten in der Klima-, Umwelt- und Sozialpolitik, sollte eine schwarz-gelbe Koalition zustandekommen.
Vor der Bundestagswahl schaltet sich auch der einzige Ministerpräsident der Grünen, Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann, in den Wahlkampf ein. Zusammen mit dem Spitzenduo warnt er in einem Klimaschutz-Appell vor einem schwarz-gelben Bündnis sowie einer Neuauflage der großen Koalition.