Angesichts der Regierungskrise in Niedersachsen hat sich Ministerpräsident Stephan Weil dafür ausgesprochen, vorgezogene Landtagswahlen parallel zur Bundestagswahl abzuhalten.
«Es wäre mir sehr recht», wenn die Abstimmungen zusammen durchgeführt werden könnten, sagte der SPD-Politiker den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND). Auch die Landeschefs von CDU und FDP sprachen sich dafür aus.
Die Landtagsabgeordnete Elke Twesten hatte am Freitag überraschend ihren Wechsel von den Grünen zur CDU angekündigt. Weils rot-grünes Bündnis verlor dadurch seine Ein-Stimmen-Mehrheit. Der Regierungschef forderte anschließend rasche Neuwahlen. Am Montag will Weil mit den Fraktionschefs über das weitere Vorgehen beraten.
Eigentlich sollte in dem Bundesland erst am 14. Januar 2018 ein neuer Landtag gewählt werden. Die Bundestagswahl ist am 24. September. Debattiert wird in Niedersachsen aber auch über ein konstruktives Misstrauensvotum.
«Ich würde gerne weitermachen in der nächsten Legislaturperiode und bin mit mir absolut im Reinen», sagte Weil den RND-Zeitungen. Den Wechsel der Abgeordneten bezeichnete er als ungewöhnlichen und undemokratischen Vorgang. Offenbar habe sich Twesten «aufgrund von Angeboten der politischen Konkurrenz für den Fraktionswechsel entschieden». Die CDU in Niedersachsen weist dies zurück, auch die Abgeordnete bestreitet es.
CDU-Landeschef Bernd Althusmann machte zugleich Druck auf die SPD. «Die Auflösung des Landtages muss jetzt kommen, sonst erzwingen wir dies» sagte er der «Welt am Sonntag». Er plädierte für eine schnelle Neuwahl. «Die optimale Lösung wäre eine Landtagswahl zur Bundestagswahl.»
Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Mehrheiten seien durch Wählerwillen zustande gekommen und dürften nicht durch einen Fraktionswechsel einfach ins Gegenteil verkehrt werden. Daher sollten die Wähler so schnell wie möglich entscheiden, ob sie etwas ändern möchten.
Der FDP-Landesvorsitzende Stefan Birkner sagte der «Bild am Sonntag»: «Ziel muss es sein, die Landtagswahl mit der Bundestagswahl durchzuführen.» Der Termin sei rechtlich möglich und organisatorisch machbar.
Die 54-jährige Twesten hatte ihren Wechsel damit begründet, dass die Grünen sie nicht für die Landtagswahl 2018 in ihrem Wahlkreis in Rotenburg (Wümme) nominiert haben. Sie erklärte, es gebe auch noch andere Parlamente für eine Bewerbung - etwa den Bundestag oder das Europaparlament. In diesem Satz sahen die Sozialdemokraten Anhaltspunkte für den Verdacht, die CDU habe ihr Lockangebote gemacht.
Twesten hat den Grünen vorgeworfen, ihre Kritik am Kurs der Partei nicht ernst genommen zu haben. Sie sei über längere Zeit mit ihren Anregungen auch bei der Fraktionsspitze auf taube Ohren gestoßen, teilte Twesten mit. Trotz ihres Gesprächsbedarfs seien ihre Fragen von grünen Ministerien nicht ausreichend beantwortet worden, kritisierte Twesten. Man habe ihr zunehmend das Gefühl gegeben, «ein politischer Störfaktor» zu sein.