Kurz vor dem Referendum am Sonntag rief der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan bei seinem Auftritt in der nord-anatolischen Stadt Çorum, kleinere Parteien dazu auf, für die Verfassungsänderung mit einem „Ja" zu stimmen.
„Wir würden uns wünschen, dass alle politischen Parteien zusammenkommen würden. In der Verfassungsreform geht es nicht nur um eine Partei. Es geht um die Zukunft des Landes. Die Veränderungen gelten nicht nur für eine Person", sagte Erdoğan und fügte hinzu, dass diejenigen, die sich von Veränderungen gestört fühlen, den Untergang der Türkei wollen.
Er betonte, dass die Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei (AK-Partei) und die Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP) die Hauptlast bei der Vorbereitung des Verfassungspakets zu tragen hätten und es nun an dem Volk liege, ihre Stimme abzugeben.
„Kommt lasst uns unsere Kräfte vereinen", sagte Erdoğan und richtete sich somit an die Wähler der AK-Partei, der MHP, der Großen Einheitspartei (BBP), der Partei der Glückseligkeit (SP) und der Republikanischen Volkspartei (CHP). „Diejenigen, die das Land regieren wollen, werden zu den Menschen gehen und sie überzeugen", erklärte er und fügte hinzu, dass manche Menschen die Bedeutung dieser „historischen Reform" verstehen.
„So Gott will, werden wir diejenigen enttäuschen, die den Staat teilen wollen. Wir werden ihnen eine Lektion erteilen", beteuerte Erdoğan.
Der Präsident kritisierte auch CHP-Vorsitzenden Kemal Kılıçdaroğlu wegen seiner kontroversen Aussage, dass der gescheiterte Putschversuch des 15. Julis ein „kontrollierter Putsch" gewesen sei. Erdoğan betonte unter anderem, dass die Türkei am 16. April ihre Türen für eine „neue und frische" Ära öffne.
Bezüglich des „Nein"-Lagers erinnerte der Präsident die Menschen an die Unterstützer dieser Kampagne und sagte: „Wer sagt ‚Nein`'? Imrali [das Gefängnis, wo sich PKK-Chef Abdullah Öcalan befindet], Kandil [Hauptquartier der PKK] und die FETÖ sagen ‚Nein'." Weiterhin versicherte er, dass die Türkei nach einem „Ja" stärker sein werde.
Am 16. April werden 55,3 Millionen wahlberechtigte Türken ihre Stimme abgeben.
Verfassungsänderungen wurden seit der Wahl des Präsidenten Erdoğan im August 2014 erörtert. Die 18 Paragraphen lange Gesetzesvorlage wurde im Januar mit 339 Stimmen verabschiedet, mit 9 Stimmen - mehr als nötig, um den Vorschlag zu einem Referendum freizugeben.
Dem Präsident wird dadurch erlaubt sein, seine Bindung an eine politische Partei aufrecht zu erhalten, während der Posten des Ministerpräsidenten abgeschafft werden würde.
Weitere Neuerungen wären die Reduzierung des Mindestalters für die Abgeordneten auf 18 Jahre sowie die Erhöhung der Anzahl der parlamentarischen Abgeordneten auf 600. Im Rahmen der vorgeschlagenen neuen Verfassung, würden gleichzeitige Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im November 2019 stattfinden, wobei die Amtszeit des Präsidenten fünf Jahre betragen würde.