Justizminister Maas: Fußfessel für Gefährder

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BERLIN
Veröffentlicht 09.01.2017 00:00
Aktualisiert 09.01.2017 10:05
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Drei Wochen nach dem Weihnachtsmarkt-Anschlag in Berlin kommen sich die Koalitionsparteien bei der Verschärfung einzelner Sicherheitsmaßnahmen näher.

Nachdem Bundesjustizminister Heiko Maas sich bereits mit einer umfassenderen Abschiebehaft für Gefährder einverstanden erklärt hat, zeigt der SPD-Politiker sich nun auch offen für den Einsatz von Fußfesseln. «Wir müssen alles tun, um Gefährder so gut wie möglich im Blick zu haben, auch vor einer möglichen Verurteilung», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. «Dabei darf der Einsatz von elektronischen Fußfesseln kein Tabu sein.»

Als stufen die Sicherheitsbehörden jene Terroristen ein, denen sie einen Anschlag zutrauen. Maas hatte als Reaktion auf die Gewalt- und Terrortaten im Sommer in München, Ansbach und Würzburg bereits einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Fußfessel für verurteilte Terroristen zulässt, allerdings erst nach der Haft.

Er will am Dienstag mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière über Konsequenzen aus dem Lkw-Anschlag beraten. Der CDU-Politiker hatte bereits einen Gesetzentwurf zur Abschiebehaft für ausreisepflichtige Gefährder vorgelegt und plant seit Oktober, einen neuen Haftgrund Gefährdung der öffentlichen Sicherheit einzuführen. Maas kündigte dazu am Sonntag eigene Vorschläge an und sagte: «Abschiebehaft sollte künftig für Gefährder auch dann verhängt werden dürfen, wenn die Herkunftsstaaten bei der Rückführung nicht kooperieren.»

Der Attentäter von Berlin, Anis Amri, war als Gefährder eingestuft und ausreisepflichtig, konnte aber nicht abgeschoben werden, weil sein Heimatland Tunesien ihm keine Papiere ausstellte.

Nach Ansicht von SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sollte die Bundesregierung Sanktionen gegen Staaten erwägen, die ihre als Asylbewerber abgelehnten Staatsbürger nicht zurücknehmen. De Maizière solle Druck auf sie ausüben, sagte Oppermann den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. «Dabei dürfen auch wirtschaftliche Sanktionen nicht ausgeschlossen werden.»

De Maizière hatte am Sontag in der ARD gesagt, er allein könne diese Länder nicht zum Einlenken bewegen. Mithelfen müssten das Wirtschaftsministerium von SPD-Chef Sigmar Gabriel, das Außenamt von Frank-Walter Steinmeier (SPD) und das Entwicklungsministerium von Gerd Müller (CSU). Zugleich zeigte er sich zuversichtlich über eine rasche Einigung mit Maas: Kompromisse seien möglich, «und das müssten wir auch schnell zustande bringen», sagte der Innenminister.

In der «Bild am Sonntag» hatte er allerdings bezweifelt, dass «alle in der SPD bereit sind, harte Maßnahmen wirklich mitzutragen». Gabriel wies dies am Abend im ZDF zurück und hielt de Maizière seinerseits Versäumnisse vor. Handlungsbedarf sieht er bei der Abschiebepraxis und dem Ausbau der Videoüberwachung, aber auch bei Prävention und Integration. Er kritisierte die Union dafür, sich ausschließlich auf Gesetzesverschärfungen zu konzentrieren.

«Dicke Gesetzespakete, aber dünne Personaldecken - das funktioniert nicht», schreibt Gabriel nun in der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». Es müsse «mehr Personal und eine weit bessere technische Ausstattung für die Polizeien von Bund und Ländern» geben. Allein bei der Bundespolizei fehlten 14.000 Stellen. Gabriels Partei-Stellvertreter Ralf Stegner sagte der «Passauer Neuen Presse», deren bisherige Aufstockung gehe auf die SPD zurück.

Keine Fortschritte gibt es bei der Ausweisung der Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsstaaten. Auf diese Weise sollten die Asylverfahren für Marokkaner, Algerier und Tunesier verkürzt werden. Die Grünen blockieren das Vorhaben im Bundesrat.

«Wir sind gegen die Ausweitung der Liste unsicherer Herkunftsstaaten, dafür für schnelle und faire Asylverfahren binnen weniger Tage», sagte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt der «Welt». Ihr Amtskollege Anton Hofreiter erklärte im ARD-«Bericht aus Berlin», dass das Sichere-Herkunftsstaaten-Prinzip «erstens nicht verfassungskonform ist und zweitens auch nicht hilft». Wenn man zurecht abgelehnte Asylbewerber abschieben wolle, brauche man Rücknahmeabkommen. Das zeige der Fall Amri.

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