Menschenrechtsaktivisten in Saudi-Arabien, die seit einer Verhaftungswelle im Mai im Gefängnis sitzen, sind nach Angaben von Amnesty International in Verhören gefoltert und sexuell belästigt worden.
Die im Gefängnis von Dhahban am Roten Meer inhaftierten Aktivisten, unter ihnen auch Frauen, hätten wiederholt Elektroschocks und Peitschenhiebe aushalten müssen, berichtete die Menschenrechtsorganisation am Dienstag unter Berufung auf drei verschiedene Zeugenaussagen. Einige von ihnen hätten danach nicht mehr stehen oder gehen können.
Mindestens ein inhaftierter Aktivist sei demnach an der Decke aufgehängt worden, eine Frau sei von maskierten Vernehmern sexuell belästigt worden.
"Nur ein paar Wochen nach der skrupellosen Ermordung von Jamal Khashoggi zeigen diese schockierenden Berichte über Folter, sexuelle Belästigung und andere Formen der Misshandlung, sofern sie sich bestätigen, weitere ungeheuerliche Menschenrechtsverletzungen durch die saudiarabischen Behörden", erklärte die Amnesty-Forschungsdirektorin für den Nahen Osten, Lynn Maalouf.
Die Aktivisten würden festgehalten, obwohl sie nur friedlich ihre Meinung gesagt hätten - und seien "auch noch abscheulichem körperlichem Leid ausgesetzt", fügte sie hinzu. Von den saudiarabischen Behörden lag zunächst keine Stellungnahme vor.
Kurz vor der historischen Aufhebung des Fahrverbots für Frauen in dem Königreich waren im Mai mehr als ein Dutzend Menschenrechtsaktivisten festgenommen worden, darunter vor allem Frauenrechtlerinnen, die lange gegen das Fahrverbot gekämpft hatten. Den meisten wurde "Gefährdung" der öffentlichen Sicherheit und Unterstützung von Staatsfeinden vorgeworfen.
Mehrere von ihnen wurden inzwischen wieder freigelassen. Zu den immer noch inhaftierten Aktivisten gehören laut Amnesty Asisa al-Jusef, eine pensionierte Professorin der König-Saud-Universität in Riad, und Ludschain al-Hathlul, die 2014 mehr als 70 Tage im Gefängnis saß, weil sie versucht hatte, mit dem Auto aus den benachbarten Vereinigten Arabischen Emirate nach Saudi-Arabien zu fahren. Nach den Festnahmen hatten staatliche Zeitungen Bilder einiger Aktivisten veröffentlicht und sie als "Verräter" angeprangert.
Die Festnahmen wurden zum einen als kalkulierte Maßnahme des Kronprinzen Mohammed bin Salman gewertet, um konservative Gegner seines Modernisierungskurses zu besänftigen. Zugleich wurde es als Signal an Aktivisten interpretiert, dass er allein über Änderungen entscheide. Laut Amnesty werden viele der Aktivisten ohne Anklage oder juristische Vertretung festgehalten.