Deutschland, als die wichtigste Wirtschaftsmacht der Europäischen Union, hat bereits in mehreren Krisensituationen der EU-Außenpolitik mehr Verantwortung tragen müssen, als in früheren Perioden. Die Antwort Deutschlands auf den Zusammenbruch des Atomabkommens mit dem Iran kann als Ausdruck des Engagements für internationale Regierungsführung und -kooperation, in Ergänzung zu wirtschaftlichen Interessen in der Region, gesehen werden.
Als einer der Gründungsväter der Europäischen Union, war Deutschland an den jüngsten Entscheidungsprozessen europäischer Politik, die in direktem Zusammenhang mit dem politischem Krisenmanagement stehen, maßgeblich beteiligt.
Zu nennen wären da Deutschlands Versuche, mit Unterstützung des französischen Präsidenten Francois Hollande, EU-Sanktionen gegen Russland durchzusetzen, während gleichzeitig ein diplomatischer Weg zur Lösung des Krim-Konflikts gesucht wurde (Minsk-2).
Die meist diskutierte und bedeutendste Rolle spielte Deutschland während der Durchsetzung eines EU-Finanzhilfeprogramms für die immer noch ungelöste Griechenlandkrise. Deutschland gewährleistete die Finanzierung, entweder direkt über den IWF oder über den Europäischen Stabilitätsmechanismus, und legte hierbei einen Zeitraum von fünf Jahren fest.
Im Jahr 2016 hat dann Deutschland im Namen der EU das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei ausgehandelt.
Die Haltung Deutschlands hinsichtlich eines möglichen Scheiterns des Nuklearabkommens mit dem Iran lässt sich in zwei Hauptziele zusammenfassen.
Erstens ist eine einheitliche europäische Antwort von Nöten, um das „internationale nukleare Nichtverbreitungsregime" zu schützen und eine Rückkehr aller Parteien zu den Bedingungen des gemeinsamen umfassenden Aktionsplans (JCPOA) zu fördern, welcher das Ergebnis eines 13-jährigen diplomatischen Prozesses ist. Die Fähigkeit der EU, aus einem gemeinsamen Sprachrohr zu kommunizieren und somit Einheit darzustellen, würde dem Bündnis in den internationalen Beziehungen größeres Gewicht verleihen. Eine Rückkehr zu den Grundsätzen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) ist erforderlich, um die diplomatische und politische Grundlage zu wahren.
Zweitens ist die Wiederherstellung von gefestigten diplomatischen Beziehungen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten nötig, um die fortschreitende Distanzierung der EU von den USA zu verhindern - und auch Präsident Trump von möglichen Sanktionen gegen den Iran abzuhalten. Eine Fokusierung auf die vielen gemeinsamen Ziele und Werte ist nicht nur notwendig, um eine gesunde Lösung zu dieser Frage zu finden - sie wird auch die Spannungen im Nahen Osten verringern. „Konfliktprävention" ist seit dem Kalten Krieg Teil der EU-Außenpolitik und weiterhin ein gestecktes Ziel.
Das Atomabkommen zwischen dem Iran, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, China, den USA und Russland ist ein Akt, der die Möglichkeit einer regionalen Entspannung durch Diplomatie erhöht und zugleich neue Wirtschaftsbeziehungen geschaffen hat. Die positiven Ergebnisse dieses Prozesses zu betonen und die Beziehungen zwischen den beteiligten Ländern zu verbessern, ist daher eine vielversprechende Option, um die Region des Mittleren Ostens wieder zu stabilisieren. Deutschland wird am gemeinsamen und umfassenden Aktionsplan festhalten.
Als wichtiges Mitglied der Europäischen Union hat sich Deutschland für eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik ausgesprochen und gleichzeitig die Idee eines glaubwürdigen hochrangigen Vertreters unterstützt. In einem ersten Schritt versuchten die drei Außenminister Deutschlands, Frankreichs und des Vereinigten Königreichs eine gemeinsame Lösung zu finden, indem sie mit Beamten in Washington verhandelten.
Dieser Prozess wird nicht nur dazu beitragen, das primäre Ziel des Aufbaus einer europäischen Koalition zu erreichen, sondern auch die Beziehungen zu den USA stärken und mögliche Eskalationen und Missverständnisse überwinden. Schließlich teilt Deutschland ebenfalls die Besorgnis der USA über militärische Aktivitäten im Iran und hält es für wichtig, diese Fragen in enger Zusammenarbeit mit den USA anzugehen. Leider ist die Politik der USA gegenüber dem Iran, strategisch gesehen, kein kluger Zug. Die Krise wird nicht zuletzt durch Präsident Trump verursacht – der im Begriff ist, alles zu zerstören, was Barack Obama ehemals ins Leben gerufen hat.
Das Atomabkommen mit dem Iran war von Anfang an von großer Bedeutung für Deutschland, da die Regierung – im Fall einer Annulierung - die unmittelbaren Auswirkungen auf ihre internen und externen Strukturen sowie auf die EU berücksichtigt.
Eine mögliche militärische Intervention im Iran würde zu einer starken Destabilisierung der Region und zur Zerstörung historischer, diplomatischer und wirtschaftlicher Beziehungen zur Bundesrepublik führen.
Im Jahr 2005 war Deutschland der wichtigste Handelspartner des Iran und seit dem JCPOA-Abkommen ist das Ziel, eine starke Wirtschaftsbeziehung aufzubauen, wieder aktuell. Die deutschen Exporte in den Iran sind seither gestiegen. Eine militärische Intervention könnte in vielen Bereichen auch zu einem langfristigen Problem führen - etwa im Irak oder in Afghanistan.
Die Destabilisierung könnte möglicherweise zu einer erneuten Flüchtlingskrise in der Europäische Union führen. Deutschland beherbergt derzeit etwa 600.000 syrische Flüchtlinge und wurde dafür kritisiert, die Dublin-Verordnungen auszusetzen. Der Aufstieg der politischen Rechten in Deutschland wird unter anderem auch mit der Flüchtlingskrise in Verbindung gebracht. Dies könnte die interne politische Dynamik in eine rechtsextreme Bewegung kanalisieren.
Ein möglicher Zusammenbruch eines 13 Jahre dauernden Einigungsprozesses wäre nicht nur ein Rückschlag in den internationalen Beziehungen und der Außenpolitik, sondern würde auch Staaten wie Nordkorea davon abhalten, ein Ende ihrer eigenen Atomprogramme in Erwägung zu ziehen.
Die USA stellen einen der wichtigsten Verbündeten für Deutschland dar. Eine Unterbrechung der Kommunikation oder eine diplomatische Krise wäre kontraproduktiv. Andernfalls wird Deutschland gezwungen sein, mit Russland und China zusammenzuarbeiten, um das Nuklearabkommen mit dem Iran aufrechtzuerhalten.