Der Sonntag markierte den 19. Jahrestag des postmodernen Putschs vom 28. Februar 1997. Trotz großer Probleme mit der Demokratisierung, war die Türkei, ein nicht-arabisches, säkulares Land, in einer außergewöhnlichen Position in den Augen der westlichen Beobachter. Für viele Außenstehende war das Engagement der Türkei für den Säkularismus und das Unterdrücken von religiösen Konservativen Grund genug, die demokratischen Defizite, die willkürliche Rolle des Militärs in der Politik und die weit verbreiteten Menschenrechtsverletzungen zu ignorieren. Die Sucht der Türkei nach Verwestlichung, vor allem ihre wirtschaftliche Abhängigkeit zum Westen, machte es möglich, dass das Land als akzeptabler Spieler angesehen wurde und es war stolz, das einzige muslimische Mitgliedsland der NATO zu sein.
Im Februar 1997 erhielt die türkische Demokratie, deren Fortschritt durch eine Reihe von Militärputsche im Laufe der Jahre unterbrochen war, einen weiteren Schlag. Durch das Entfernen einer demokratisch gewählten, konservativen Regierung, versuchten die Verbrecher religiöse Bürger aus der Politik und dem öffentlichen Bereichen zu stoßen. Um ihren Elite schützenden Status-Quo aufrecht zu erhalten, beschränkte das Militär die Berufsschüler, deren Mehrheit aus armen Familien stammten, damit ihre Anmeldung an Top-Schulen und Universitäten erschwert würden.
Der postmoderne Putsch wollte nicht nur das religiöse Kopftuch aus den Universitäten, Fakultätpositionen und dem öffentlichen Dienst bannen, sondern zielte auch auf Menschen aus verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen. Eine große Anzahl von Soldaten wurde unehrenhaft aus dem Militär entlassen, weil sie ihre religiösen Pflichten ausführten. Beamte, die zum Gebet gehen wollten, wurden gefeuert. Auch religiöse Geschäftsleute wurden verfremdet und unangebrachten Strafen vorbehalten.
Als einer von mehreren Gruppen, die diskriminiert wurden, fanden kopftuchtragende Frauen sich in einem großen Nachteil im Vergleich zu den anderen wieder. Viele willkürliche Verbote wurden in den letzten Jahren aufgehoben, und jetzt sind die Frauen in der Lage an Vorlesungen teilzunehmen, als Anwältinnen zu Arbeiten und parlamentarischen Verfahren beizutreten ohne auf ihr Kopftuch verzichten zu müssen. Trotz der Verbesserungen finden es viele Frauen schwer, Zugang zu Möglichkeiten und Ressourcen zu finden.
1998, als das Kopftuchverbot eingeführt wurde, studierten Zehntausende Frauen und Mädchen an Schulen und Universitäten. Viele weigerten sich ihr Kopftuch abzunehmen, als ihnen der Zugang zu dem Campus und Gebäuden verboten wurde. Letzten Endes wurden sie aufgrund längerer Abwesenheit von den Universitäten verwiesen.
Von 1999 bis 2005 ergriffen die Behörden Disziplinarmaßnahmen gegen 20.543 Beamte. Als sie vor Gericht unter Berufung auf Menschenrechtsverletzungen gingen, wurden die meisten Fälle abgewiesen. Erschwerend kommt hinzu, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, bei der Klage von Leyla Şahin gegen die Türkei, das Kopftuchverbot der Türkei unterstützte, was dazu führte, dass die Kläger ihre Hoffnung ganz verloren. 76 Prozent der Frauen, die wegen des Kopftuch-Verbotes ihre Schulen und Universitäten verlassen mussten, nahmen nie rechtliche Schritte gegen den Staat auf.
In den letzten Jahren hob die Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei (AKP) die willkürlichen Verbote auf und schuf Möglichkeiten für benachteiligte Schüler und Studenten um wieder in die Schulen und Universitäten zu gehen. Die Regierung ergriff gesetzliche Maßnahmen, für Lehrer, die entweder gefeuert oder gezwungen wurden zu kündigen, damit sie rechtzeitig in den Ruhestand gehen konnten. Viele Frauen aber zahlen weiterhin den Preis. Personen, die im Jahr 2000 ihre Schule beendet hätten, anstatt den Hochschulabschluss jetzt zu erhalten, wären jetzt mittlerweile seit 16 Jahren im öffentlichen Dienst tätig gewesen. Mit anderen Worten, das Aufheben des Kopftuch-Verbots hat nicht alle Probleme der kopftuchtragenden Frauen behoben.
Seit Jahren behandeln fromme Kapitalisten Frauen mit Kopftuch, die keine andere Arbeit fanden, als billige Arbeitskraft. Benachteiligte Frauen arbeiteten nicht nur ohne Versicherung und Karriereaussichten, sondern auch mit niedrigem Lohn. Heutzutage bleiben diese Frauen eine Quelle für billige Arbeitskräfte für viele Unternehmen, denen weniger gezahlt werden, als Frauen ohne Kopftuch oder Männer in ähnlichen Positionen. Oft werden sie als negativen Einfluss auf ein Firmenprofil angesehen, wo sie als Hausmeister oder Bürohilfe arbeiten – eine Unterkategorie ihrer eigenen.
Die Diskriminierung dieser Frauen bleibt in der Türkei ein ernstes, aber oft ignoriertes Problem. Vor allem im privaten Sektor, erleben sie eine systematische Diskriminierung auf einer regelmäßigen Basis. Obwohl sich die Situation sichtlich verbessert hat, verweigern die größten türkischen Unternehmen, wie Koç und Sabancı Holding, zusammen mit multinationalen Unternehmen, wie Coca-Cola und Procter & Gamble Frauen mit Kopftuch in Führungspositionen einzustellen. Bei den Arbeitsplätzen, die sie erhalten, sind sie nicht in der Lage den gleichen Lohn für die gleiche Arbeit zu erhalten. Bis die drängenden Probleme angesprochen werden, wird das Erbe des 28. Februars Millionen von Frauen verfolgen.