Jerusalem im Herzen

ISTANBUL
Veröffentlicht 14.12.2017 00:00
Aktualisiert 14.12.2017 15:27
DPA

Die Ankündigung von US-Präsident Trump, die US-Botschaft in Israel nach Jerusalem verlegen zu wollen, löste neue Spannungen aus - die Motive dieses exzentrischen Präsidenten, der mit jeder Aktion in die Schlagzeilen gerät, sind unklar

Heute ist Jerusalem für die drei abrahamitischen Religionen von großer Bedeutung. Die Stadt, die vor 3000 Jahren von König David gegründet wurde, ist heute als Ost-Jerusalem oder die Altstadt bekannt. Es gibt auch das moderne West-Jerusalem oder die neue Stadt, die westlich der Altstadt unter der Herrschaft der Briten und dann Israels gegründet wurde.

Das 1 Quadratkilometer große alte Jerusalem besitzt ein mittelalterliches Stadtbild mit Steinbauten und verwinkelten, engen Gassen. Die Altstadt ist in vier Bereiche unterteilt - die muslimischen, christlichen, armenischen und jüdischen Viertel - man kann sich frei zwischen ihnen bewegen. Die ersten drei bestehen hauptsächlich aus Geschäften und Schreinen. An der Spitze der Geschäfte stehen kleine, baufällige Häuser.

Obwohl Israel Jerusalem 1980 zur Hauptstadt erklärte und sein Parlament dorthin verlegte, akzeptiert die internationale Gemeinschaft dies nicht, daher befinden sich ausländische Diplomaten weiterhin in der international anerkannten Hauptstadt Tel Aviv. Die Ankündigung des US-Präsidenten Donald Trump, er werde die US-Botschaft nach Jerusalem verlegen, hat neue Spannungen im Heiligen Land ausgelöst. Es ist nicht klar, ob der exzentrische Präsident, der mit jeder seiner Handlungen auf die Tagesordnung kommt und sich wie ein Elefant im Porzellanladen verhält, der jüdischen Lobby ein Versprechen gegeben, eine Konzession von Israel erhalten hat oder ob er einfach nur Aufmerksamkeit erregen und die Agenda ändern möchte.

Die Stadt des Friedens

Als König David 973 v. Chr. starb, folgte sein Sohn König Solomon seinem Vater und befahl den Bau des berühmten und prächtigen Ersten Tempels. Die Al-Aqsa-Moschee wurde auf diesem Tempel errichtet. König Solomon baute Jerusalem wieder auf und ordnete den Bau von Gebäuden, Palästen, Gärten, Teichen und Schreinen an. Es war die wohlhabendste und schönste Stadt der Welt. Der Name war zu dieser Zeit Yerushalayim, was „Fundament des Friedens" bedeutet. Dieser Name wird in der Tora nicht erwähnt. Der frühere Name vor der Zeit von König David war Zion.

Jerusalem war auch der Ort, wo sich die erste Spaltung zwischen den Juden ereignete. Eine Gruppe von Juden widersetzte sich der Gründung Jerusalems und des Tempels, die sie als Reform betrachteten. Sie errichteten eine eigene Sekte: Die Samariter, die heute in Nablus leben. Jerusalem wurde im Jahre 587 v. Chr. vom babylonischen König Nebukadnezar II. besetzt und niedergebrannt. Er tötete die meisten Juden dort und verbannte den Rest nach Babylon. Als die Perser Babylon besiegten, erlaubten sie 539 v. Chr. die sichere Rückkehr der Juden. Jerusalem wurde später im Jahre 332 v. Chr. von Alexander dem Großen und im Jahre 63 v. Chr. von den Römern erobert.

Großer Exodus

Jesus Christus lebte in Jerusalem und stieg von dieser Stadt in den Himmel auf. Überall in Jerusalem gibt es Spuren von Jesus. Nach christlichem Glauben sind die Via Dolorosa (Straße der Trauer) - die Straße, auf der Jesus gezwungen wurde ein Kreuz auf dem Rücken zu tragen - und die Grabeskirche, die von der byzantinischen Kaiserin Helena gebaut wurde, zwei der bedeutendsten Orte für das Christentum.

Laut der jüdischen Rebellion brannte der römische Feldherr Titus Jerusalem vollständig nieder. Der einzige stehende Teil des Ersten Tempels war die Westmauer, die heute als Klagemauer bekannt ist. Juden wurden dann aus Judäa verbannt und in der ganzen Welt verstreut.

Die Zeit des Friedens

Der Prophet Mohammed bestieg die Himmelfahrt von einem noch existierenden Stein in Jerusalem und traf sich mit den Seelen früherer Propheten auf dem Tempelberg, der zu dieser Zeit abgerissen worden war, und betete mit ihnen. Der Koran erwähnt dieses Wunder und bezeichnet Jerusalem als eine heilige Stadt.

Jerusalem, dessen Name Ilya war, wurde während der Herrschaft des Kalifen Umar friedlich erobert. Die Öffentlichkeit stellte eine Bedingung, um die Stadt dem Kalifen persönlich zu geben. Der Kalif musste alleine kommen und dem Volk eine schriftliche Urkunde geben, worin deren Rechte und Freiheiten zugesichert werden sollten.

Kalif Umar soll einst ein Platz zum beten gesucht haben, als man ihm dann auf die Kirche des Heiligen Grabes verwies. Der Kalif soll daraufhin gesagt haben: „Wenn ich dort bete, dann werden sie es in eine Moschee verwandeln" und dann irgendwo in der Nähe gebetet haben. So begann die Zeit der Toleranz und des Friedens, die über Jahrhunderte in Jerusalem andauerte.

Muslime nannten die Stadt Maqdis oder al-Quds, was „heiliger Ort" bedeutet. Die Al-Aqsa-Moschee ist der drittwichtigste Ort im Islam, und ebenso die erste Qibla für Muslime. Der Umayyaden Kalif Abd al-Malik baute den Felsendom auf dem Felsen, auf dem Mohammed zur Himmelfahrt aufgestiegen war. Dieses Gebäude, das mit einer goldenen Kuppel glänzt, gilt bis heute als Symbol Jerusalems. An der Stelle, wo der Erste Tempel stand und über der Klagemauer, errichtete der Umayyaden Kalif al-Walid eine Moschee. Nachdem die Kreuzfahrer 1099 in Jerusalem einmarschiert und das Volk niedergemetzelt hatten, um das Königreich Jerusalem zu gründen, nahm Saladin 1187 die Stadt wieder ein – in der Nacht der Himmelfahrt von Mohammed.

Sultan Süleyman der Prächtige verlieh Jerusalem die endgültige Form, indem er die Stadt mit Mauern umgab, er baute die Stadt wieder auf. Die Straße vor der Mauer und eines der Stadttore wurden nach ihm benannt. Die osmanische Ära war eine Zeit des Friedens und der Ruhe für alle Religionen. Die Schlüssel wichtiger religiöser Orte mit gemeinsamer Bedeutung für die verschiedenen Religionen wurden von einem osmanischen Korporal gehalten, wodurch sichergestellt werden sollte, dass Glaubensgemeinschaften ihre Religion frei praktizieren können, ohne sich gegenseitig auf die Füße treten zu müssen.

Leb wohl Jerusalem

Nachdem Jerusalem von den Muslimen erobert worden war, durften die Juden kommen und in der Stadt beten, aber nicht dort wohnen. Am 9. Dezember 1917, während des Ersten Weltkrieges, wurde Jerusalem von den Briten erobert. Mustafa Kemal Pascha, der sich den Deutschen entgegenstellte und für den individuellen Frieden eintrat, statt den Krieg weiterzuführen, überließ Palästina und Syrien den Briten – wodurch die osmanische Herrschaft, die 1516 friedlich begann und vier Jahrhunderte lang in Frieden andauerte, zum Ende kam.

Nun begann der jüdische Zustrom in Palästina. Mit der Balfour-Erklärung von 1917 versprachen die Briten den Zionisten das heilige Land Palästina. Im selben Jahr hatten die Araber unter der Führung von Sharif Husayn Pascha, der gegen die Verfolgung durch das „Komitee für Einheit und Fortschritt" rebellierte, den gleichen Traum. In der Zeit des britischen Mandats, als das neue Jerusalem gegründet wurde, übertraf die jüdische Bevölkerungszahl die der Araber.

Im Jahr 1948 wurde der Staat Israel ausgerufen. Israel erklärte 1950 das 25 Quadratkilometer große Westjerusalem zur Hauptstadt - im Widerspruch zur damaligen US-amerikanischen Entscheidung - und verlegte die Regierungsabteilungen einschließlich des Parlaments von Tel Aviv dorthin. Israel gewann danach den Sechs-Tage-Krieg von 1967 und marschierte nun auch in Ost-Jerusalem ein, das sich seit 1946 in Besitz von Jordanien befand. In Jerusalem, wo 1948 etwa 100.000 Juden und 60.000 Araber lebten, stieg die jüdische Bevölkerungszahl nach 1967 auf ca. 197.000 an.

Jerusalem ist ein Ort, der für Christen und Muslime eine größere religiöse Bedeutung besitzt als für Juden. Aber für die Zionisten, die davon träumen, Salomos Tempel wieder aufzubauen, birgt Jerusalem eine symbolische Bedeutung. Am 21. August 1980 hat die israelische Erklärung, dass die ungeteilte Stadt Jerusalem als die ewige Hauptstadt Israels gelte, eine große Reaktion hervorgerufen. Die Türkei hat danach sogar ihren Botschafter abgezogen. Zu dieser Zeit waren 28 Prozent der Stadtbevölkerung arabisch. Bei der Gründung von Israel 1947 hatte Großbritannien noch vorgeschlagen, dass Jerusalem eine für alle offen zugängliche, internationale Stadt sein sollte. Heute befürwortet die internationale Gemeinschaft die Idee, dass Jerusalem - aufgeteilt zwischen Israel und Palästina – irgendwann die Hauptstadt zweier Staaten sein sollte.

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