In Griechenland wird es Neuwahlen geben, aller Voraussicht nach schon am 30. Juni.
Nach der schweren Europawahl- Schlappe der linken Regierungspartei Syriza hat Ministerpräsident Alexis Tsipras am Sonntagabend angekündigt, einen entsprechenden Antrag beim Präsidenten der Republik zu stellen.
Normalerweise wäre erst im Herbst gewählt worden.
Der Regierungschef zieht damit die Reißleine, denn die konservative Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND) hat seine linke Partei Syriza bei der Europawahl um 9 Prozentpunkte übertrumpft. Zwar hat Tsipras nach ersten amtlichen Hochrechnungen mit 23,9 Prozent nur 2,7 Prozentpunkte gegenüber der EU-Wahl 2014 eingebüßt, doch Oppositionschef Kyriakos Mitsotakis konnte mit 33,3 Prozent punkten (2014: 22,7 Prozent). Würde Tsipras den ursprünglich vorgesehenen Wahltermin im Oktober abwarten, könnte seine Niederlage noch höher ausfallen.
Syriza habe bei der Europawahl um das Vertrauen der Griechen für den eingeschlagenen Weg der Regierung geworben, sagte Tsipras im Staatsfernsehen. Aber: «Das Wahlergebnis entspricht nicht unseren Erwartungen - und ich würde so ein Ergebnis nie ignorieren.» Er habe nie den einfachen Weg gewählt und werde das auch jetzt nicht tun. Das Volk müsse die Antwort darauf geben, welchen Weg es gehen wolle.
In Griechenland gab es parallel zu den Europa- auch Kommunal- und Regionalwahlen, am kommenden Sonntag ist Stichwahl. Diesen weiteren Urnengang will Tsipras abwarten, bevor er am kommenden Montag bei Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos auf Grund von «nationalem Interesse» Neuwahlen beantragt. Zur Begründung könnte das Argument dienen, Griechenland brauche Stabilität auf dem Weg aus der Krise und die Regierung ein frisches Mandat der Wähler.
Politische Analysten in Athen gehen davon aus, dass dem stattgegeben wird. Die Wahl könnte dann frühestens 22 Tagen später erfolgen, ein wahrscheinlicher Termin ist also der 30. Juni. Dass Tsipras die Wahl gewinnen könnte, glaubt dabei niemand ernsthaft. Schon gar nicht die Opposition, die längst Neuwahlen fordert und seit Monaten in sämtlichen Umfragen vor der Regierungspartei liegt.
Das schlechte Abschneiden von Tsipras und seiner Syriza hängt unter anderem mit den harten Sparmaßnahmen und Reformen zusammen, die der Premier in den vergangenen Jahren auf Druck der Gläubiger umgesetzt hat und die ihn im Volk unbeliebt gemacht haben. Viele Wähler nehmen ihm übel, dass er bei seiner Wahl zum Regierungschef 2015 versprochen hatte, Griechenland vom «Joch der Gläubiger» zu befreien - später aber Renten kürzte und Steuern erhöhte.
Bei der Europawahl in Griechenland wurde nach Nea Dimokratia und Syriza die sozialistische Partei KINAL (Bewegung des Wandels) drittstärkste Kraft. Die Nachfolgerin der Partei PASOK erhielt 7,3 Prozent der Stimmen. 2014 hatte das vergleichbare Mitte-Links-Bündnis Elia 8 Prozent erzielt. Die kommunistische Partei KKE an vierter Stelle kam auf 5,8 Prozent (2014: 6,1 Prozent).
Eine massive Niederlage musste die rechtsextremistische Partei Goldene Morgenröte einstecken. Mit 4,9 Prozent der Stimmen wurde ihr Ergebnis von 2014 fast halbiert (damals 9,4 Prozent).