Interne Ermittler haben zahlreiche weitere Versäumnisse der Berliner Polizei im Fall des Attentäters Anis Amri entdeckt. Das berichtet der «Spiegel» unter Berufung auf einen 188-seitigen Bericht einer vom Berliner Polizeipräsidenten im Mai 2017 eingesetzten Taskforce.
Die Berliner Ermittler versäumten es dem Bericht zufolge, «Vorgänge zusammenzuführen, Ermittlungen zu bündeln und auszuweiten sowie zielgerichtet Maßnahmen der Inhaftierung oder der Abschiebung gegen ihn (Amri) zu initiieren». So sei zum Beispiel in 590 der abgehörten Telefongespräche von strafbaren Handlungen die Rede gewesen, es habe klare Hinweise auf mindestens zehn verschiedene Straftaten Amris gegeben.
Die Ermittler hätten allerdings jedes vierte Telefongespräch erst gar nicht auf Deutsch übersetzen lassen, hieß es weiter. Konkrete Hinweise auf einen geplanten Anschlag habe es in den Telefonaten allerdings nicht gegeben. Insgesamt stellte die Taskforce laut «Spiegel» 254 Mängel im Umgang mit Amri fest, 32 bezeichnet sie als schwer, weil sie sich auf das Ermittlungsergebnis ausgewirkt hätten. Die Kontrolleure rügten zudem eine «grob lückenhafte Aktenführung».
Bei dem bislang schwersten terroristischen Anschlag in Deutschland waren am 19. Dezember 2016 zwölf Menschen getötet und viele Dutzend verletzt worden. Der Attentäter Anis Amri war mit einem gestohlenen Lastwagen in den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche in Berlin gerast. Der Tunesier wurde einige Tage später auf der Flucht von Polizisten in Italien erschossen. In dem Fall gab es eine Serie von schweren Fehlern, die nach und nach ans Licht kamen.
Der Bundestag hatte Anfang März einen Untersuchungsausschuss eingesetzt. Mit den Pannen befassen sich auch Untersuchungsausschüsse der Landesparlamente von Berlin und Nordrhein-Westfalen.