Koblenz: Richter geht in Ruhestand – Neonazis noch nicht verurteilt

DAILY SABAH
ISTANBUL
Veröffentlicht 04.05.2017 00:00
Aktualisiert 04.05.2017 14:52
DPA

Deutschland ist für viele seiner Eigenarten bekannt. Nicht alle sind unbedingt positiv. Zu den – jedenfalls zumeist – negativ empfundenen Merkmalen zählt ohne Zweifel die Bürokratie. Die Ämter sind mit Papierkram überlastet und Prozesse können sich über Wochen, Monate oder sogar Jahre hinziehen. Problematisch wird es, wenn es sich um gerichtliche Prozesse handelt, wo gefährliche Straftäter nicht rechtzeitig verurteilt werden und die Gesellschaft somit vor ihnen nicht geschützt wird. In Koblenz wurde nun ein Prozess gegen 17 Neonazis ausgesetzt, weil sich der vorsitzende Richter in den Ruhestand verabschiedet hat. Der Prozess hat bisher einen zweistelligen Millionenbetrag verschlungen.

Nach dem Bericht der „Süddeutschen" umfasste das Verfahren „17 Angeklagte, 34 Verteidiger, fast 100 Seiten Anklage, 337 Verhandlungstage".

Richter Hans-Georg Göttgen müsse Ende Juni aus dem Dienst scheiden, da er dann seine Altersgrenze erreicht habe, so die Sprecherin des Gerichts. Ein Prozessende sei bis dahin nicht möglich. Der ursprüngliche Ergänzungsrichter müsse schon woanders einspringen und stehe deshalb nicht zu Verfügung.

Angeklagt ist eine „kriminelle Vereinigung" mutmaßlicher Neonazis des „Aktionsbüros Mittelrhein". Die Gruppe soll sich regelmäßig in Bad Neuenahr-Ahrweiler in ihrem sogenannten „Braunen Haus" getroffen haben.

Laut dem Artikel der „Süddeutschen" wird den Angeklagten vorgeworfen „Hakenkreuze auf Gegenstände gesprüht, Autos angezündet und Linke in Dresden attackiert zu haben."

Der Prozess werde wieder neu losgehen, jedoch bei einer anderen Kammer, sagte Günther Herzogenrath-Amelung, einer der 34 involvierten Verteidiger. Man wisse jedoch noch nicht, ob das Verfahren von einer anderen Kammer gegen die verbliebenen 17 Angeklagten neu verhandelt werden wird, so eine Sprecherin.

Der Prozess ist zuvor Schauplatz absurder Ereignisse geworden, so hatten Stinkbomben eine Saalräumung erzwungen und ein Schöffe hatte der Anklage vor Weihnachten, Schokoladen-Nikoläuse auf den Tisch gestellt, weshalb er sich wegen Befangenheit aus dem Verfahren verabschieden musste.

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