Steinmeier beklagt „Risse“ in der Gesellschaft
- AFP, BERLIN
- Oct 04, 2018
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sieht die Gesellschaft in Deutschland gespalten. In den vergangenen zwölf Monaten seien die Sorgen um den Zusammenhalt "nicht kleiner geworden", sagte er am Donnerstag laut Redemanuskript bei der Eröffnung einer Diskussionsveranstaltung im Schloss Bellevue. Es deute vielmehr einiges darauf hin, "dass die Risse tiefer geworden sind und dass sich das Klima der öffentlichen Debatte weiter erhitzt hat".
Steinmeier nahm in diesem Zusammenhang die Bundesregierung in Schutz. Viele zeigten "mit dem Finger auf den Streit in einer Koalitionsregierung". Das reiche aber nicht aus. "Denn an den Parteien zerren die gleichen Fliehkräfte, sie kämpfen mit dem gleichen Misstrauen, das unsere Gesellschaft in Unruhe versetzt."
Derzeit gebe es "einen diffusen Hass auf das sogenannte Establishment", analysierte Steinmeier weiter. Zugleich verschanzten sich die politischen Lager voreinander und die Sprache werde "zunehmend roher und rücksichtsloser". Menschen mit unterschiedlichen Meinungen kämen kaum mehr ins Gespräch miteinander. Gerade in der digitalen Welt kapselten sich viele Menschen "in ihrer Peergroup ab".
Außerdem gebe es "eine neue Generation von Populisten", die "Gefühle von Angst und Verunsicherung ganz rational nutzen, um Ressentiments zu schüren und die liberale Demokratie zu unterhöhlen", sagte Steinmeier. Er wünsche sich "mehr demokratischen Patriotismus in diesen Zeiten".
Der Bundespräsident äußerte sich zum Auftakt des fünften Forums Bellevue. Steinmeier hatte diese Debattenreihe im Herbst 2017 ins Leben gerufen. Die neueste Ausgabe am Donnerstag trug das Motto "Risse und Ressentiments - Über die Fragmentierung und Emotionalisierung von Politik und Gesellschaft".