Der Streit um Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen hat die große Koalition nach den Worten von CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer beinahe gesprengt.
Die SPD habe wegen ihres fehlenden Vertrauens in Maaßen dessen Entlassung gefordert «und diese Personalfrage mit dem Fortbestand der Koalitionsregierung» verknüpft, schrieb Kramp-Karrenbauer in einem der Deutschen Presse-Agentur und anderen Medien vorliegenden Brief an an die CDU-Mitglieder.
«Die SPD pochte auf die Entlassung von Herrn Maaßen. Der Bundesinnenminister bestand darauf, die Expertise von Herrn Maaßen weiter zu nutzen», heißt es in dem Schreiben. «Damit stand die Gefahr eines Auseinanderbrechens der Regierung konkret im Raum - mit allen dahinterstehenden Konsequenzen bis hin zu Neuwahlen.»
Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und SPD-Chefin Andrea Nahles hatten sich am Dienstag darauf geeinigt, dass Maaßen seinen Posten räumen muss, dafür aber als Staatssekretär ins Innenministerium wechselt. Seehofer will dafür Staatssekretär Gunther Adler, einen SPD-Mann und Experten für Wohnen und Bauen, in den einstweiligen Ruhestand versetzen
Die Personalentscheidung sorgt vor allem in der SPD für Unmut. Die deshalb in der eigenen Partei unter Druck geratene Vorsitzende Nahles kritisierte die Beförderung Maaßens zum Staatssekretär im Innenministerium scharf. «Ich finde das schwer erträglich. Und ich halte das auch für falsch», sagte Nahles am Mittwochabend im ZDF. Zugleich verteidigte sie aber ihre Zustimmung zu der Entscheidung von CSU-Chef Seehofer. Sie sei nicht bereit, wegen einer solchen Personalie die Regierung zu stürzen - «bei allen Schmerzen, die einem das macht».
Merkel kündigte am Mittwochabend an, dass Staatssekretär Adler eine neue Aufgabe bekommen soll. Vor Beginn eines informellen EU-Gipfels in Salzburg machte die Kanzlerin deutlich, dass sie die Arbeit der SPD-Manns sehr schätze und sich alle Seiten darauf verständigt hätten, dass dieser «sehr schnell» eine «angemessene Position» bekommen solle.
Wer Maaßen an der Spitze der Verfassungsschutzes nachfolgen soll, ist noch nicht bekannt. Mit Blick auf seine Ablösung sagte die Kanzlerin, es sei notwendig, dass alle Koalitionsparteien Vertrauen in die Arbeit des Verfassungsschutzpräsidenten hätten. «Dieses Vertrauen ist in Teilen der Koalition nicht gegeben gewesen.» Deshalb hätten die Parteichefs entschieden, dass Maaßen für diese Aufgabe nicht mehr zuständig sei, weder als Behördenchef noch im Innenministerium.
Trotz oder gerade wegen der gefundenen Lösung mehren sich in der SPD Stimmen, die den Fortbestand der Koalition wegen des Vorgehens von Seehofer offen infrage stellen. Die bayerische SPD-Spitzenkandidatin Natascha Kohnen, zugleich SPD-Bundesvize, forderte, die SPD-Bundesminister sollten im Kabinett gegen die Beförderung Maaßens stimmen. SPD-Chefin Nahles nimmt am (heutigen) Donnerstag in München an einer gemeinsamen Sitzung der Fraktionsvorstände aus Bundestag und Landtag teil. Danach ist ein gemeinsames Statement mit der der bayrischen SPD-Spitzenkandidatin geplant.