Die Beförderung von Hans-Georg Maaßen zum Staatssekretär von Innenminister Horst Seehofer (CSU) stößt in der SPD auf massive Kritik.
Parteivize Ralf Stegner bezeichnete den Wechsel des bisherigen Verfassungsschutzchefs in die Regierung als «Desaster» und sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Der Geduldsfaden mit dieser großen Koalition wird in der SPD extrem dünn.» Juso-Chef Kevin Kühnert erklärte: «Meine persönliche Schmerzgrenze ist erreicht.» CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer betonte dagegen, die Entscheidung sei im Einvernehmen mit der SPD gefallen.
Tatsächlich hatte SPD-Chefin Andrea Nahles der Personalie am Dienstag bei einem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Seehofer zugestimmt. Die SPD hatte zuvor wegen grundsätzlicher Zweifel an Maaßens Eignung im Kampf gegen Rechtsextremismus seine Ablösung als Behördenchef gefordert und mit dem Ende der großen Koalition gedroht.
Auslöser war unter anderem die Äußerung Maaßens, ihm lägen «keine belastbaren Informationen» vor, dass es in Chemnitz Hetzjagden auf Ausländer gegeben habe. Seehofer hatte Maaßen wiederholt das Vertrauen ausgesprochen. Am Dienstag verständigten sich Merkel, Seehofer und Nahles dann auf dessen Ablösung als Behördenchef und seinen Wechsel ins Bundesinnenministerium.
Seehofer will an diesem Mittwoch über die neuen Zuständigkeiten in seinem Ministerium informieren. Nach «Bild»-Informationen soll Maaßen als Staatssekretär die Zuständigkeit für Innere Sicherheit und Cybersicherheit übernehmen. Die Grünen warnten schon vorher, falls der 55-Jährige für Innere Sicherheit zuständig werden sollte, wäre er weiter für denselben Bereich wie bisher verantwortlich. Wer Maaßen beim Verfassungsschutz nachfolgen soll, blieb zunächst offen.
Kritik am Vorgehen Seehofers kommt nicht nur vom linken Flügel der SPD. Auch Generalsekretär Lars Klingbeil hält die Beförderung Maaßens für fragwürdig. «Das ist eine sehr bemerkenswerte Entscheidung», bei der es sehr viele Fragezeichen gebe, sagte er im ZDF. In der ARD wies er darauf hin, dass auch Merkel zuletzt von Maaßen abgerückt sei. «Dass Herr Seehofer Herrn Maaßen jetzt ins Ministerium holt, ist insofern auch eine Entscheidung, die man wieder auch als Kritik an der Kanzlerin sehen kann.» Dennoch müsse die Koalition nun zur Sacharbeit zurückkehren: «Wir müssen endlich rauskommen aus diesem permanenten Krisenmodus.»
Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Natascha Kohnen forderte die Entlassung Seehofers. Sie halte ihn als Innenminister nicht mehr für tragbar, sagte die Spitzenkandidatin der SPD bei der bayerischen Landtagswahl. Juso-Chef Kühnert sagte in der ARD, für die SPD sei der «Preis zu hoch für den Fortbestand der Koalition». Der «Rheinischen Post» sagte er, die Beförderung Maaßens sei «ein Schlag ins Gesicht all derer, die jeden Tag in voller Konsequenz Verantwortung für sich und ihr Handeln tragen». Die Jusos in Bayern forderten die SPD auf, die große Koalition zu verlassen.
CDU-Generalsekretärin Kramp-Karrenbauer wies die Kritik zurück. Schließlich sei es die SPD gewesen, die die Ablösung Maaßens zu einer Koalitionsfrage gemacht habe, sagte sie im ZDF. «Diese Frage ist heute geklärt worden, und zwar nicht nur von einer Koalitionspartei, sondern im Einvernehmen auch mit den Sozialdemokraten.» Die CDU sei froh, dass diese Regierung ihre Arbeit fortsetzen könne.
Der CDU-Innenexperte Armin Schuster warf der SPD vor, den Streit um Maaßen ohne guten Grund auf die Spitze getrieben zu haben. Nach dieser Eskalation sei es dann aber doch hilfreich gewesen, «dass die SPD die Haltung der Union teilt und Maaßen auch weiterhin als profunden Sicherheitsexperten akzeptiert», sagte Schuster der Deutschen Presse-Agentur. Die Lösung sei zwar «unkonventionell», aber auch ein klares Signal der Union, «dass wir auch in schwierigen Zeiten unsere Sicherheitsbehörden nicht im Regen stehen lassen».
Die Grünen sprachen von einem «Schmierentheater». Fraktionschef Anton Hofreiter sagte der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Mittwoch): «Wir brauchen beim Verfassungsschutz einen Neustart und eine echte Zäsur.» FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae wertete die Beförderung Maaßens als Zeichen für einen Autoritätsverlust Merkels. «Der CSU-Vorsitzende kann sich offenbar alles erlauben, sogar gegenüber der Bundeskanzlerin», sagte er der «Augsburger Allgemeinen».