Arabiens Kalter Krieg zwischen den Regionalmächten

AFP
Alles hängt mit allem zusammen in der Krisenregion Nahost. Denn den Krisenstaaten Syrien, Jemen, Irak und nun auch Libanon ist bei aller Unterschiedlichkeit der Ausgangslage eines gemein: Hinter den Konflikten dort steht die traditionelle Rivalität der Regionalmächte Saudi-Arabien und Iran um die Vorherrschaft am Golf und im Nahen Osten. Ganz aktuell zeigt sich dieser Konflikt an der Destabilisierung des Libanon.

Woran entzündet sich der Konflikt zwischen Riad und Teheran?

Die internationale Rivalität zwischen Saudi-Arabien und dem Iran findet in den arabischen Krisenstaaten auf innenpolitischer Bühne ihre Entsprechung: Beide Länder treten als Schutzmächte von Gruppierungen auf, die sich in Syrien, im Jemen, im Irak und im Libanon gegenüberstehen.

Es handelt sich dort also um klassische Stellvertreterkonflikte. Riad und Teheran verfolgen dabei geostrategische Ziele: Mithilfe verbündeter Gruppierungen innerhalb anderer Länder versuchen sie, ihre Einflusssphäre auszudehnen. Fast zwangsläufig kommt es dabei zu Interessenkollisionen zwischen Riad und Teheran.

Wie weit reicht der Konflikt in die Geschichte zurück?

Die gegenwärtige Rivalität zwischen Saudi-Arabien und dem Iran hat eine jahrhundertealte Vorgeschichte: Arabische Reiche und die persischsprachigen Iraner lieferten sich immer wieder kriegerische Auseinandersetzungen. Dieser Antagonismus gewann mit der Islamischen Revolution im Iran 1979 neue Kraft: Im Iran fegte eine revolutionäre schiitische Volksbewegung die Monarchie hinweg. Das konservative Königshaus in Saudi-Arabien sah dies als Bedrohung.

In den vergangenen Jahren konnte der Iran seine Einflusssphäre zu Lasten Saudi-Arabiens ausbauen: Nach dem Sturz des Sunniten Saddam Hussein durch die US-Invasion im Irak öffnete die neue schiitische Führung in Bagdad dem Iran die Türen. In Syrien baute der Iran durch seine Unterstützung für Präsident Baschar al-Assad den Einfluss aus. Und durch seine Bindung an die Schiitenmiliz Hisbollah im Libanon konnte der Iran eine Einflusssphäre schaffen, die nun über Irak und Syrien bis ans Mittelmeer reicht.

Welche Rolle spielt die Religion?

Der politische Konflikt zwischen Saudi-Arabien und dem Iran hat immer auch eine religiöse Färbung, hier bricht die Rivalität zwischen der schiitschen und sunnitischen Ausrichtung des Islam auf. Im Iran ist die Schia Staatsreligion, das Land versteht sich als Schutzmacht schiitischer Bevölkerungsgruppen auch in den arabischen Nachbarstaaten. Saudi-Arabien betrachtet sich als Hüter des traditionellen sunnitischen Islam - ein Anspruch, den das Königshaus der al-Saud auch aus ihrer Herrschaft über die heiligen Stätten in Mekka und Medina ableitet.

Einige politische Entwicklungen der letzten Jahre haben die saudisch-iranische Rivalität befeuert. Der "Arabische Frühling" von 2011 und das anschließende Abgleiten arabischer Staaten in den Bürgerkrieg haben die Abwehr dieser Länder gegen die Machtambitionen des Iran geschwächt: Der Iran dehnte seinen Einfluss etwa im Irak, im Jemen und in Syrien stark aus. Auch die jüngste Schwächung der Terrormiliz Daesh dürfte Riad und Teheran weiter entzweien: Für beide war Daesh ein Feind - dieser ist nun aber beträchtlich geschwächt.

Wie könnte die Krise weitergehen?

Saudi-Arabien dürfte versuchen, den internationalen Druck auf den Iran zu verstärken und neue Sanktionen etwa wegen des iranischen Raketenprogramms zu erwirken, sagt der Analyst Graham Griffith von der Beratungsfirma Control Risk. "Der Ausbruch eines größeren Regionalkonflikts ist aber unwahrscheinlich", sagt er.

Auch der Nahost-Experte Clément Therme vom International Institute for Strategic Studies (IISS) glaubt, "dass die Kriegsangst das Risiko einer Eskalation mindert". Im Iran sei immer noch die Erinnerung an den blutigen Krieg mit dem Irak (1980 bis 1988) präsent. Und Saudi-Arabien sei derzeit mit seinem schwierigen militärischen Engagement im jemenitischen Bürgerkrieg gebunden.

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