Drohung aus Deutschland: Bundeswehr-Abzug aus Incirlik sei möglich

DHA
Nach dem erneuten Besuchsverbot für deutsche Abgeordnete auf dem türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik droht die Bundesregierung mit dem Abzug der dort stationierten Bundeswehrsoldaten. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Montag, Berlin werde sich weiter um eine Besuchsmöglichkeit bemühen, gleichzeitig aber auch "Alternativstandorte ins Auge fassen". Das Auswärtige Amt nannte die Haltung der Türkei "absolut inakzeptabel".

Deutschland beteiligt sich von Incirlik aus mit Aufklärungs-Tornados und Tankflugzeugen am Kampf gegen Daesh. Eine Delegation des Verteidigungsausschusses des Bundestages wollte eigentlich am Dienstag zu den Bundeswehrsoldaten auf der südtürkischen Luftwaffenbasis reisen.

Nach Angaben des Auswärtigen Amtes hatte sich die Bundesregierung in den vergangenen Wochen auf allen Kanälen um eine Besuchserlaubnis bemüht. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) persönlich habe das Thema am Rande einer internationalen Konferenz in London gegenüber dem türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim angesprochen.

Am Wochenende habe das Außenministerium in Ankara dem deutschen Türkei-Botschafter Martin Erdmann dann mitgeteilt, dass der Besuch angesichts der gegenwärtigen Lage der deutsch-türkischen Beziehungen nicht möglich sei. Hintergrund der Entscheidung ist offenbar, dass Deutschland zuletzt mehreren Ex-Offizieren der türkischen Armee Asyl gewährte, die mit der FETÖ in Verbindung stehen. Die Offiziere fürchten in ihrer Heimat eine politische Verfolgung nach dem gescheiterten Militärputsch.

Der Vorsitzende des Verteidigungs-Ausschusses, Wolfgang Hellmich (SPD), kündigte an, dass die Bundeswehr jetzt aus Incirlik abgezogen werde. "Die konkreten Vorbereitungen in Richtung einer Verlegung werden nun in Angriff genommen", sagte Hellmich der Nachrichtenagentur AFP. Auch SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann machte deutlich: "Unter diesen Voraussetzungen kann die Bundeswehr nicht in Incirlik bleiben."

Die Opposition verlangte ebenfalls einen Abzug der deutschen Soldaten aus der Türkei. "Die Bundesregierung muss endlich aufhören, sich weiter von Erdogan vorführen zu lassen", erklärte die Grünen-Sicherheitspolitikerin Agnieszka Brugger. Der Linken-Politiker Alexander Neu rief die Bundesregierung auf, "ihren Kuschelkurs und das unterwürfige Gebaren gegenüber dem Despoten Erdogan" aufzugeben.

Im vergangenen Jahr hatte Ankara bereits deutschen Abgeordneten aus Ärger über eine Resolution des Bundestags, in der die Armenier-Frage des Osmanischen Reiches als "Völkermord" eingestuft worden war, den Zugang zu dem Stützpunkt in Incirlik verweigert. Der Streit konnte erst nach mehreren Monaten beigelegt werden.

Im November beschloss der Bundestag dann, das Mandat für die deutsche Beteiligung am Anti-Daesh-Kampf bis Ende 2017 zu verlängern. Die Bundesregierung versprach damals, dass sie Alternativstandorte zu Incirlik prüfen werde.

Ein Sprecher des Verteidigungsministerium sagte am Montag, dass mögliche Alternativen in Jordanien, Zypern und Kuwait erkundet worden seien. Die besten Gegebenheiten seien dabei in Jordanien vorgefunden worden, wobei Incirlik "der günstigste Ausgangspunkt" für den Anti-Daesh-Kampf bleibe.

Auf den Einsatzalltag der Bundeswehr hat die jüngste Eskalation des Incirlik-Streits zunächst keine Auswirkungen. "Die Aufklärungsflüge gehen erstmal weiter", hieß es aus dem Verteidigungsministerium. Ohnehin würde ein Umzug "einige Monate" in Anspruch nehmen.

Die Bundesregierung hofft derweil noch auf ein Einlenken der Türkei und will auch die anderen Partnernationen der Anti-Daesh-Koalition in die Suche nach einer Lösung einbinden.

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