EU-Parlament will Türkeigespräche einfrieren

dpa

Das Europäische Parlament erhält immer mehr Zuspruch die Beitrittsgespräche mit der Türkei abzubrechen. Die Vertreter der führenden Fraktionen haben sich gegen weitere Verhandlungen mit der türkischen Regierung ausgesprochen. Federica Mogherini, Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, hingegen warnt vor solch einem Schritt. Er wäre für keine der beiden Seiten vorteilhaft.

Als Vorsitzender der größten Fraktion im EU-Parlament nahm Manfred Weber von der Europäischen Volkspartei (EVP) deutlich Stellung zu dem Thema: „Wir unterstützen einen Stopp der Verhandlungen." Auch Gianni Pittella, Fraktionsvorsitzende der Sozialisten und Demokraten sprach sich für einen Stopp aus – zumindest zeitweise. Es gäbe keinen Anlass, die Gespräche weiter zu führen. Ähnlicher Meinung war auch Guy Verhofstadt, der ehemalige Ministerpräsident Belgiens. Er forderte „die Gespräche vorerst auszusetzen".

Die EU-Vorstände sehen die politischen Entwicklungen in der Türkei als nicht gerechtfertigt an. Ihrer Meinung nach, sei der Ausnahmezustand kein Grund um „unliebsame Bürger zu verfolgen", sagte EVP-Chef Weber.

Die Türkei ihrerseits hingegen fühlt sich von der EU betrogen. Die versprochene Visafreiheit, welche im Zuge des Flüchtlingsdeals versprochen wurde, ist in weite Ferne gerückt. Gleichzeitig erweist sich die EU nicht als hilfreich in der Verfolgung der Drahtzieher des Putschversuches vom 15. Juli. Auch die Tatsache, dass Anhänger der international als Terrororganisation anerkannten PKK in Europa unbeschwert ihren Geschäften nachgehen können, sorgt für Unmut in der Türkei.

Die EU-Außenministerin Federica Mogherini hingegen kritisierte den Schritt. Gespräche einzufrieren, könnte sowohl der Türkei als auch der EU selbst schaden. Es käme einem Rückschlag für beide Seiten gleich.

Aber auch die Türkei selber verliert immer mehr Interesse tatsächliches Mitglied der EU zu werden. Schon letzte Woche forderte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan die EU auf bis zum Ende des Jahres eine Entscheidung zu treffen, damit nach jahrelangen Verhandlungen endlich einen Fortschritt zu erkennen sei. Sollte die EU sich nicht deutlich ausdrücken, kündigte Erdoğan für das kommende Jahr ein Referendum an, um die Bevölkerung über einen möglichen Ausstieg aus den Verhandlungen abstimmen zu lassen.

Die EU-Parlamentschef Martin Schulz sieht einem Ausstieg der Türkei skeptisch entgegen: Die EU braucht die Türkei. Besonders in Zeiten der Flüchtlingskrise ist die Türkei ein strategisch wichtiger Partner, um den Influx von Migranten in Grenzen zu halten.

Seit 1963 laufen Gespräche, um die Türkei in die EU aufzunehmen.

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