Angesichts der dramatischen Lage im Bürgerkriegsland Jemen befürchten die Vereinten Nationen die Vertreibung hunderttausender weiterer Menschen. "Zwischen 100.000 und einer halben Million Menschen könnten vertrieben werden, während sich der Konflikt und die humanitäre Situation weiter verschärfen", sagte Shabia Mantoo, Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, am Mittwoch in Hodeida.
"Die humanitäre Situation veschlechtert sich, selbst wenn sich der Konflikt nicht verstärkt", sagte Mantoo. In Hodeida seien vermehrt bettelnde Kinder und Frauen auf den Straßen zu sehen. In die Hafenstadt im Westen des Landes waren in den vergangenen beiden Jahren vor allem Menschen aus den weiter südlich gelegenen Städten Tais und Mokka geflüchtet.
Die Stadt Hodeida am Roten Meer ist der wichtigste Ankunftsort für humanitäre Hilfe im Jemen. Sie wird von den Huthi-Rebellen kontrolliert. Derzeit herrscht Sorge vor einer Offensive der von Saudi-Arabien angeführten Militärkoalition zur Rückeroberung der Stadt.
Im Jemen kämpfen seit Anfang 2015 Truppen des Präsidenten Abd Rabbo Mansur Hadi gegen Huthi-Rebellen und andere Gruppen, die dem ehemaligen Präsidenten Ali Abdallah Saleh die Treue halten. Seit März 2015 fliegt die Militärkoalition Luftangriffe gegen mutmaßliche Stellungen der Rebellen. Seitdem wurden nach UN-Angaben mehr als 7700 Menschen getötet, Millionen Jemeniten ergriffen die Flucht.
Die Not der Zivilbevölkerung ist dramatisch. Nach Einschätzung des Norwegischen Flüchtlingsrates (NRC) herrscht im Jemen die schwerste Versorgungskrise weltweit. Ende April richtete UN-Generalsekretär Antonio Guterres einen Hilfsappell an die internationale Staatengemeinschaft: Eine "ganze Generation" sei dabei zu verhungern.