Österreich: Regierung zerbricht - FPÖ-Minister gehen

AFP

In Österreich ist die rechts-konservative Regierung an der Videoaffäre zerbrochen.

Alle FPÖ-Minister legten am Montag ihre Ämter nieder, nachdem Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) den Rücktritt von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) vorgeschlagen hatte.

Freiwerdende Ministerien sollten bis zur vorgezogenen Wahl im Herbst von Experten und Spitzenbeamten besetzt werden, sagte Kurz. Neue Kabinettsmitglieder müssen von ihm vorgeschlagen und dann von Bundespräsident Alexander Van der Bellen formell ernannt werden.

Die kleinere Oppositionspartei Jetzt-Liste Pilz sprach sich noch vor dem Rücktritt der FPÖ-Minister für ein Misstrauensvotum gegen Kurz aus. Dieses sei "mehr denn je angebracht", sagte Parteiobfrau Maria Stern.

Der designierte neue FPÖ-Chef Norbert Hofer bestätigte den Rückzug der Minister seiner Partei. Auslöser für die Krise zwischen den bisherigen Bündnispartnern konservative Volkspartei (ÖVP) und rechtspopulistische Freiheitliche Partei (FPÖ) ist ein Video, in dem der inzwischen zurückgetretene Hofer-Vorgänger und Vize-Kanzler Heinz-Christian Strache einer vermeintlichen russischen Millionärin offenbar Regierungsaufträge als Gegenleistung für Wahlkampfhilfen in Aussicht stellte.

Kurz trat am Montag zwei Mal wegen der Affäre vor die Kameras. Er erklärte zunächst, er wolle gemeinsam mit dem Präsidenten sicherstellen, dass Stabilität gewährleistet bleibe. In einer zweiten Erklärung am Abend sprach er sich für eine Ablösung Kickls aus und unterstrich die Notwendigkeit, die Handlungsfähigkeit der Regierung zu erhalten. Bis zur Wahl sollten "möglichst geregelte Verhältnisse" herrschen.

Unklar blieb, ob Kurz mit einem Misstrauensvotum konfrontiert werden wird. Die SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner sprach von einer "veritablen Staatskrise" und erkläre, es müssten nun alle Ministerposten mit Experten besetzt werden. Sie ließ jedoch zunächst offen, ob ihre Partei Kurz unterstützen oder stürzen will. Der ehemalige Bundespräsident Heinz Fischer (SPÖ) wies darauf hin, dass es in Österreich noch nie einen erfolgreichen Misstrauensantrag gegeben habe. Die Verfassung lasse für diesen Fall offen, wen das Staatsoberhaupt mit der Regierungsbildung beauftragen solle, sagte Fischer dem Sender ORF.

"Nachvollziehbare" Entscheidung

Eine mögliche Amtsenthebung des Innenministers war am Wochenende von Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) in den Raum gestellt worden. Der enge Vertraute des Kanzlers begründete dies damit, dass Kickl nicht das Ressort führen könne, das die Ermittlungen rund um das Skandalvideo leite. Kickl war 2017 Generalsekretär der FPÖ, als das Video gedreht wurde. Der Kreml erklärte am Montag, Russland sei in keiner Weise in den politischen Skandal in Österreich involviert.

Die FPÖ wollte sich auf einen Rücktritt Kickls nicht einlassen. "Herbert Kickl hat sich nichts zu schulden kommen lassen", sagte der designierte neue FPÖ-Chef Norbert Hofer. Kickl warf dem Koalitionspartner ÖVP "kalte und nüchterne" Machbesessenheit vor. Die Führung des Innenressorts durch die FPÖ sei eine Voraussetzung bei der Regierungsbildung 2017 gewesen. Viele in den ÖVP-Reihen hätten Kurz den Verlust des Innenressorts aber nicht verziehen, sagte Kickl. "Es musste also zurück unter die Kontrolle der ÖVP, koste es was es wolle."

Kurz hatte bereits am Samstag nach dem Rücktritt Straches die Koalition mit der FPÖ aufgekündigt und Neuwahlen gefordert. Dies sei kein Wunsch, sondern Notwendigkeit. Die FPÖ schade dem politischen Ansehen des Landes. Die deutsche Bundesregierung äußerte Verständnis dafür, dass Kurz Neuwahlen anstrebt.

Einer Umfrage vom Montag zufolge sank die Zustimmung der FPÖ bei den Wählern um fünf Prozentpunkte auf 18 Prozent. Für die ÖVP um Kurz gehe es indes um vier Punkte auf 38 Prozent nach oben, berichtete die Onlineplattform Oe24 unter Berufung auf eine Erhebung des Instituts Research Affairs. Österreich ist eines der wenigen Länder in Europa, wo eine rechte Partei in der Regierung ist.

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