Aufenthaltsort von drei "Gefährdern" ist unbekannt

AFP

Von den 547 bekannten terroristischen "Gefährdern" in Deutschland sind aktuell drei vom Radar der Behörden verschwunden.

Das sagte der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka am Rande einer Sitzung des Bundestags-Innenausschusses. Die Behörden gingen davon aus, dass sich derzeit etwa die Hälfte der als potenziell gefährlich identifizierten Terroristen im Ausland aufhalte.

Der Innenausschuss befasste sich mit dem Fall des Terroristen Anis Amri. Der Tunesier war von den Behörden schon lange vor dem Anschlag in Berlin als "Gefährder" eingeschätzt worden.
Parteien fordern mehr Terrorabwehr
Bei der Suche nach Konsequenzen aus dem Terroranschlag von Berlin hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zur Eile gemahnt: «Angesichts der Gefährdungslage haben wir keine Zeit zu verlieren».

Er halte es für falsch, vor einer Debatte über notwendige Maßnahmen erst die volle Aufklärung von Versäumnissen zu verlangen.

«Was wir jetzt für richtig halten, sollten wir jetzt umsetzen und nicht abwarten», sagte er in einer Aktuellen Stunde im Bundestag. De Maizière informierte die Mitglieder des Innenausschusses in einer nicht-öffentlichen Sitzung über den Stand der Ermittlungen im Fall Amri. Der Tunesier war am 19. Dezember mit einem Lastwagen auf einen Berliner Weihnachtsmarkt gerast und hatte zwölf Menschen getötet.

Er war den Behörden als Gefährder bekannt. Politiker aller Parteien wollen als Konsequenz aus dem Anschlag die Verantwortlichkeiten in der Terrorabwehr neu organisieren. Kritik gab es während einer Sitzung des Innenausschusses vor allem an der Arbeitsweise des Gemeinsamen Terrorabwehrzentrums (GTAZ), in dem die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern Informationen austauschen.

Die Grünen-Innenpolitikerin Irene Mihalic bemängelte, im GTAZ herrsche «eine Art organisierte Verantwortungslosigkeit». Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU), sieht die Versäumnisse vor allem bei den Ländern Nordrhein-Westfalen und Berlin, in denen sich Amri aufgehalten hatte.

Der Tunesier sei abgesehen von seinen Kontakten zu radikalen Terroristen auch ein Schwerverbrecher gewesen. Es hätte sich daher die Möglichkeit geboten, Untersuchungshaft für ihn anzuordnen.

Der Präsident des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, sagte der Deutschen Presse-Agentur, niemand habe versucht, die Ermittlungen zu den verschiedenen Straftaten länderübergreifend zusammenzuführen, um Amris Inhaftierung zu erreichen.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) stellte sich am Mittwoch den Fragen der Abgeordneten im Rechtsausschuss. Die Grünen warfen den Koalitionsparteien vor, sie hielten in Bezug auf das Behördenversagen im Fall Amri weiter Details zurück.

«Eine wirkliche Analyse haben wir nicht bekommen, wo Fehler waren. Da scheut man sich noch», sagte die Vorsitzende des Rechtsausschusses, Renate Künast (Grüne). Man hätte Amri sowohl in Abschiebehaft nehmen können als auch ein Strafverfahren wegen Sozialbetrugs und anderer Delikte einleiten können, sagte Künast.

De Maizière sagte, die Einschätzung der Gefährlichkeit von Menschen sei eine extrem schwierige Aufgabe für die Sicherheitsbehörden. Er beteilige sich deshalb jetzt nicht an Schuldzuweisungen. Der Minister wiederholte seine Forderung nach einer besseren Überwachung von Gefährdern. Zu strukturellen Konsequenzen aus dem Fall Amri sagte der Minister, im Verhältnis von Bundes- und Länderbehörden sei bei der Terrorabwehr «mehr Verbindlichkeit» nötig.

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