Deutsch-türkische Beziehungen im Sabah Kolumnisten Klub
- KAAN ELBIR, BERLIN
- Jan 10, 2017
Der „Sabah Kolumnisten Klub" kam am Montagmittag im Tagungszentrum der Bundespressekonferenz in Berlin bei einem Treffen mit Medienvertretern, Politikern, Akademiker und NGOs zusammen.
Chefredakteur der Daily Sabah Zeitung, Serdar Karagöz, MdEP a.D. Ozan Ceyhun, Kolumnist bei der Daily Sabah Zeitung, Assoc. Prof. Fahrettin Altun, Mahmut Övür und Şelale Kadak, Autoren bei der Sabah Zeitung, vertraten in der Hauptstadt den Sabah Kolumnisten Klub.
Ehrengast war Mehmet Akarca, türkische Generaldirektor des Presse- und Informationsamtes im Ministerpräsidialamt. Das Treffen wurde von Serdar Karagöz moderiert.
Eingeladen waren Vertreter der deutschen Zeitungen, Zeitschriften, Fernsehsendern, Agenturen, Vereine, NGOs, Akademiker und Politiker, darunter auch der ehemalige deutsche Botschafter in Ankara, Wolf-Ruthart Born.
‚Die Rolle Deutschlands in den Beziehungen der EU zur Türkei' lautete der Titel des Treffens.
Weiter Themen waren die neuen Parameter der türkischen Außenpolitik, „Islamophobie, Rechtspopulismus, Flüchtlinge und die Türkei", „Der Kampf gegen den Terror" und „Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei".
Mehmet Akarca hielt die Eröffnungsrede und wies darauf hin, dass die Türkei viele Feinde um sich habe. „Die Türkei kämpft mit der PKK, Daesh und FETÖ-Terrororganisationen, und dass im Namen der Menschheit. Außerdem beherbergen wir mehr als drei Millionen Flüchtlinge", so Akarca.
„Ich freue mich heute sehr, einen wahren Freund, den ich sehr lieb habe, den Dieter [Bednarz] zu sehen", fügte der Generaldirektor hinzu und zählte die komplette Nationalelf vom Jahr 1971 auf: „Schaut wie sehr wir für Deutschland interessiert sind, ich kann die komplette Mannschaft nach Jahren immer noch auswendig."
Moderator Karagöz betonte, dass die zwei Nachbarländer der Türkei, der Irak und Syrien jeweils ‚Fail States' sind und dass die Region unter den schweren Bedingungen leidet. Die Türkei müsse aber währenddessen noch mit einer anderen Bedrohung kämpfen. Eine in den Staat eingedrungene Bedrohung: Der Gülenisten-Terrorkult (FETÖ).
Außerdem unterstrich er, dass die Türken in der Vergangenheit viel mehr Sympathie gegenüber Deutschland hatten als zum jetzigen Zeitpunkt. Der steigend wachsende Rechtspopulismus, Islam- und Ausländerfeindlichkeit und die klare Doppelmoral habe den Glauben in Deutschland extrem beeinflusst.
Professor Altun, Mitglied der Seta-Organisation, sprach als erster Redner, über die neuen Parameter der türkischen Außenpolitik.
Er erwähnte, dass die Türkei seit 2002 auf der Suche nach einer neuen Art von Außenpolitik ist, dass sich in den vergangenen Jahren vieles verändert hat und dass nun eine realistische Außenpolitikstrategie eingesetzt wird.
„Der wichtigste neue Parameter ist die nationale Sicherheit", so Altun und erwähnte dass es in diesem Rahmen neue Gesetze verabschiedet wurden.
Er fügte hinzu, dass sich die Außenpolitik nach den Wahlen im Juni 2015 deutlich veränderte.
Ehemaliger Abgeordneter des Europäischen Parlaments, Ozan Ceyhun, wies auf den wachsenden Rechtspopulismus in Deutschland hin und unterstrich, dass die AfD, mit ihrer fremdenfeindlichen Politik gegen Muslime, Ausländer und Flüchtlinge, zu einem deutlichen Problem wurde. Es sei nicht ganz klar was es bedeuten würde, wenn die AfD, die drittgrößte Partei im Bundestag wird.
„Die Fremdenfeindlichkeit in Deutschland stört uns sehr. Moscheen, türkische Vereine und Flüchtlingsunterkünfte werden permanent angegriffen", sagte Ceyhun und erwähnte, dass diese Art von Problemen vor zwei Jahren nicht so extrem waren.
„Auch in Frankreich und Dänemark fühlen sich Ausländer nicht mehr wohl. Leider wird aktuell jeder Terrorangriff in Frankreich, als Plus für die Rechtsextremisten betrachtet. Somit sammelt zurzeit Le Pen."
„Bezüglich der Terrorangriffe, muss ich jetzt scharfe Kritik ausüben. Deutschland sieht jeden, der gegen die Terrororganisation Daesh kämpft, als harmlos. Somit wird die PKK und deren Ableger, wie YPG und PYD, verharmlost", so Ceyhun.
Der Daily Sabah Kolumnist sprach auch über die FETO-Terrororganisation. „In der Vergangenheit baten mich meine deutschen Politiker Freunde, gegen die Gülenisten etwas zu unternehmen. Sie fragten mich, wie Sie Gülen verhindern würden, Schulen und Vertretungen in Deutschland zu eröffnen. Jetzt mittlerweile hat sich der Spieß umgedreht. Wenn ich Sie jetzt darauf anspreche, heißt es nur noch ‚die sind doch ganz harmlos'."
Langjähriger Journalist und Autor bei der Sabah Zeitung, Mahmut Övür, sprach zum Thema Kampf gegen den Terror.
„Wir sind immer noch für eine EU-Mitgliedschaft der Türkei, jedoch müssen einige Vorurteile gebrochen werden", sagte Övür und erwähnte dass am 16. Juli, einen Tag nach dem FETÖ-Putschversuch, 51 deutsche Zeitungen den gleichen Titel und die gleiche Nachricht über die Türkei und Erdoğan hatten. „Der Putsch sei inszeniert."
„Es ist nicht sehr lange her. In der Türkei durfte man über die Alewiten nicht diskutieren, man durfte das Wort Kurde nicht benutzen, Muslime waren jede Sekunde unter Druck und bis 2002 hatte die Türkei ein wahres Kurden-Problem. Das war aber kein Problem mit den Kurden selbst sondern es wurde das Wort ‚Kurden-Problem' in den Vordergrund gestellt", sagte Övür.
Er erzählte über seinen Besuch in den Kandil-Bergen und mit seinem Öcalan-Interview. „Öcalan sagte mir klar und deutlich, auch wenn er selbst den Frieden wolle, würden die anderen Mächte keinen Frieden wollen."
Övür fügte hinzu, dass jedes Land ihre eigenen Pläne mit und über die Terrororganisationen habe und dass die Bekämpfung mit dem Terror kein Ende haben werde, solange diese Gruppierungen mit Waffen beliefert werden.
Er unterstrich, dass Kurden all ihre Ansichten durchsetzen können, aber nicht mit Waffen sondern durch die Politik.
Şelale Kadak, Wirtschaftsexpertin und Autorin bei der Sabah Zeitung, erklärte, dass beide, die deutsche und die türkische Wirtschaften am wachsen sind und sich gegenseitig wie zuvor zur Seite stehen müssen.
„Deutschland ist der größte Wirtschaftspartner der Türkei, wobei die Türkei ebenso einer der wichtigsten für Deutschland ist. Es befinden sich rund 6.000 deutsche Firmen in der Türkei, die mit zweistelligen Zahlen wachsen. Dazu darf man die 160.000 türkischen Unternehmen in Deutschland nicht vergessen", so Kadak.
Die wirtschaftlichen Beziehungen der zwei Länder seien auf einem sehr hohen Niveau, trotz den vielen Angriffen, Krisen und der harten Zeiten in der Türkei.
„Es ist nicht einfach, dass die Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland von heute auf morgen zusammenbrechen. Beide Wirtschaften sind aufeinander angewiesen", erklärte die Sabah-Autorin.
Am Ende des Treffens fand eine 30-minütige Diskussionsrunde statt. Deutsche und türkische Gäste aus verschiedenen Kreisen stellten interessante Fragen.
Der „Sabah Kolumnisten Klub" begann Ende 2016 ein Projekt, bei dem in verschiedenen Ländern Treffen veranstaltet und die Beziehungen der Türkei zu dem jeweiligen Land thematisiert wurden.
Im Dezember fand das Treffen in der US-Hauptstadt Washington unter dem Titel ‚Putschversuch in der Türkei: Realität und Fakten' statt. Die letzte Veranstaltung wurde unter dem gleichen Titel in der belgischen Hauptstadt Brüssel durchgeführt.
Weitere Versammlungen sind geplant für mehrere Hauptstädte darunter auch Paris, Moskau, Rom und Tokio.