Bundesweit erste Dieselfahrverbote in Hamburg in Kraft getreten

AFP

Die bundesweit ersten Dieselfahrverbote zur Luftreinhaltung sind in Hamburg in Kraft getreten. Seit Donnerstag Mitternacht gelten auf zwei Straßenabschnitten im Bezirk Altona Durchfahrtsbeschränkungen für ältere Dieselfahrzeuge, die nicht die aktuelle Euro-Norm 6 erfüllen.

Die Stadt will damit im Rahmen eines schon im vergangenen Jahr beschlossenen Luftreinhalteplans eine Reduktion der Stickoxidbelastung erreichen. Sie ist die erste in Deutschland, die von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, nachdem das Bundesverwaltungsgericht solche Maßnahmen zur Luftverbesserung im Februar in Grundsatzurteilen für prinzipiell zulässig erklärt hatte.

Die Hamburger Fahrverbote stoßen in der Bundesregierung auf unterschiedliche Reaktionen. Die SPD sieht weiter wachsenden Druck für technische Nachrüstungen älterer Fahrzeuge. «Man sieht in Hamburg, es geht los», sagte SPD-Fraktionsvize Sören Bartol im rbb-Inforadio. Auch einige weitere Städte hätten für saubere Luft gar keine andere Chance, als mit Fahrverboten zu arbeiten. «Das sollten wir verhindern - noch könnten wir es.» Nur wenn die Regierung mit einer klaren Sprache spreche, könne sie Nachrüstungen bei der Autoindustrie durchsetzen. «Die Bundeskanzlerin muss sich da endlich bewegen», verlangte Bartol.

Umbauten an Motoren älterer Diesel sind in der Koalition seit Monaten heftig umstritten. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) wirbt dafür, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) argumentieren dagegen. Bartol wies Vorbehalte zurück, solche Hardware-Nachrüstungen seien Investitionen in die Vergangenheit. «Das ist ein Schlag ins Gesicht für jeden betroffenen Verbraucher. Wir reden hier nicht über Uralt-Fahrzeuge.» Es gehe um Wagen mit der Abgasnorm Euro 5, und viele Menschen hätten «nicht mal eben das Geld, sich ein neues Fahrzeug zu kaufen».

Mit Blick auf Hamburg sagte Bartol: «Es ist gut, dass Hamburg jetzt kein allgemeines Fahrverbot erlässt, sondern wirklich ganz gezielt dort, wo es notwendig ist.» Dies sei für Betroffene, die teils gar nicht so alte Dieselfahrzeuge hätten, «ein Riesenärgernis». Es werde aber hoffentlich zu sauberer Luft an den belasteten Straßen führen.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) betonte gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe ihr Ziel, «dass es überhaupt keine Fahrverbote mehr in Deutschland gibt». Deshalb wolle sie «Zwangssituationen für Kommunen» wie in Hamburg vermeiden. «Wenn ich in der Bundesregierung aber weiterhin keine Unterstützung für die Hardware-Nachrüstungen bekomme, wird das vermutlich nichts.» Durch die Nichteinhaltung der Grenzwerte sind die Kommunen juristisch angreifbar.

Nach Ansicht von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) dürfte sich das Problem durch Maßnahmen jenseits der Fahrverbote bald erledigt haben. «Wir hatten 2016 noch 90 Städte, in denen die Grenzwerte überschritten wurden, 2017 waren es noch 66», sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Vor allem eine intelligente Verkehrslenkung könne dazu beitragen, die Luftverschmutzung «schnell und nachhaltig» zu vermindern. «Ich bin davon überzeugt, dass die Zahl der Städte (mit Grenzwertüberschreitungen) schon sehr bald in den einstelligen Bereich kommt.»

In Hamburg gelten die Durchfahrtsbeschränkungen nur auf kurzen Streckenabschnitten zweier stark befahrener Straßen, an denen auch Luftmessstationen stehen, die bis dato regelmäßig Grenzwertüberschreitungen protokollierten. Während die Max-Brauer-Allee für ältere Diesel-Pkw und -Lkw gesperrt ist, sind auf der Stresemannstraße nur Lkw vom Fahrverbot betroffen. Außerdem gibt es zahlreiche Ausnahmen für Anwohner und Anlieger.

Umweltorganisationen sehen in der Maßnahme reine Symbolpolitik. Es reiche nicht, «nur wenige Hundert Meter Straße etwas weniger dreckig zu machen», sagte Greenpeace-Sprecher Niklas Schinerl. Saubere Luft für alle gebe es nur mit weniger Autos in den Innenstädten. Der Hamburger Sprecher des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), Paul Schmid, forderte flächendeckende Fahrverbote, «die den Menschen helfen und nicht den Messstationen».

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