Türkische Gemeinde hält Auftrittsverbot türkischer Politiker für undemokratisch

AFP
Die Türkische Gemeinde in Deutschland hat sich kritisch zum von der Bundesregierung verhängten Auftrittsverbot für türkische Politiker während des Parlaments- und Präsidentschaftswahlkampfes in der Türkei geäußert. "Ich halte das Auftrittsverbot für türkische Politiker für falsch und finde die ganze Diskussion überflüssig", sagte der Vorsitzende der Gemeinde, Gökay Sofuoğlu, der "Mitteldeutschen Zeitung" (Mittwochsausgabe). Die Wahlen finden am 24. Juni statt.

"Wir dürfen nicht vergessen, dass wir in einer Demokratie leben und Meinungsfreiheit das höchste Gebot ist", mahnte Sofuoğlu. Wenn US-amerikanische und griechische Politiker hier reden dürften, "dann sollten es türkische Politiker auch tun dürfen". Zur Demokratie gehöre umgekehrt, dass gegen entsprechende Kundgebungen dann auch protestiert werden könne.

Sofuoğlu rechnet nach eigenen Worten aber nicht mit Spannungen. Das habe unter anderem mit dem muslimischen Fastenmonat Ramadan zu tun, der am 16. Mai beginne und eine eher besinnliche Zeit sei.

Im Vorfeld des Referendums über die Einführung einer Präsidialverfassung in der Türkei im vergangenen Jahr hatte es heftige Auseinandersetzungen über die Auftritte türkischer Politiker in Deutschland gegeben. In der Folge wurde die Rechtslage geändert: Nun sind Wahlkampfauftritte von Amtsträgern aus Nicht-EU-Staaten in Deutschland drei Monate vor Wahlen oder Abstimmungen in dem jeweiligen Land grundsätzlich verboten.

In der Debatte über die geplante Rede des türkischen Außenministers Mevlüt Çavuşoğlu bei der bevorstehenden Gedenkfeier zum 25.Jahrestag des Solinger Brandanschlags rief der Vorsitzende der Türkische Gemeinde derweil Deutschland und die Türkei zur Mäßigung auf. "Beide Seiten, die deutsche und die türkische Regierung, sollten aufpassen, dass sie das Gedenken an Solingen nicht politisch instrumentalisieren", sagte Sofuoğlu der "Rheinischen Post".

Aus Rücksichtnahme auf die Opfer des Brandanschlags und aus Respekt vor ihnen dürften an diesem Tag nur das Gedenken und der Kampf gegen Rechtsextremismus im Mittelpunkt stehen. Sofuoğlu sagte, deutsche Politiker sollten sich nicht über die Präsenz türkischer Politiker ärgern, "sondern dieses Thema endlich selbst besetzen".

Çavuşoğlu will am 29. Mai in Solingen eine Rede zum Gedenktag des Brandanschlags auf das Haus der türkischstämmigen Familie Genc vor 25 Jahren halten. Bei dem fremdenfeindlichen Anschlag rechter Jugendlicher waren am 29. Mai 1993 fünf türkische Mädchen und Frauen ums Leben gekommen. Die vier Täter wurden 1995 vom Oberlandesgericht Düsseldorf zu langjährigen Haftstrafen verurteilt, die sie inzwischen verbüßten.

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