Merkel, Schulz und Seehofer wollen zügige Regierungsbildung

DPA

Die Spitzen von CDU, SPD und CSU haben zum Start der Koalitionsverhandlungen den Willen zur raschen Regierungsbildung unterstrichen.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte beim Eintreffen in der CDU-Zentrale in Berlin: «Die Menschen erwarten nunmehr wirklich, dass wir in die Richtung einer Regierungsbildung kommen.» Deshalb gehe sie «optimistisch, aber auch sehr bestimmt in diese Gespräche». Auch SPD-Chef Martin Schulz und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer kündigten zügige Beratungen an. Aus der CDU kamen Kompromisssignale beim Thema Gesundheit - auch wenn die SPD-Forderung nach einer Bürgerversicherung erneut strikt abgelehnt wurde.

Zu Beginn berieten Merkel, Schulz und Seehofer zu dritt. Danach sprach eine Runde von 15 Spitzenvertretern der drei Parteien über den Ablauf und die Struktur der Verhandlungen. Auch die Arbeitsgruppen zu den Fachbereichen sollten ihre Arbeit aufnehmen.

Merkel sagte, es sei machbar, Ergebnisse in einer überschaubaren Zeit zu erreichen. Es ist ihre zweite und möglicherweise letzte Chance, die von ihr gewünschte stabile Regierung zu bilden. Nach dem miserablen Ergebnis bei der Bundestagswahl vor vier Monaten stehen Merkel, Schulz und Seehofer unter hohem Erfolgsdruck. Ende November waren die Sondierungen über ein Jamaika-Bündnis geplatzt.

Sie wolle in einer neuen Koalition Zukunftsimpulse setzen, sagte Merkel. Es gehe um eine neue Dynamik für Deutschland und nicht nur um einen neuen Aufbruch für Europa. Angesichts der SPD-Forderungen in den Bereichen Arbeitsmarkt, Gesundheit und Migration betonte sie, das Sondierungspapier von Union und SPD sei ein sehr guter Rahmen für das, was nun in den Koalitionsverhandlungen noch zu leisten sei. Als Projekte nannte die CDU-Vorsitzende die Digitalisierung der Schulen, schnellere Planungsverfahren zur Umsetzung von Investitionen und bessere Rahmenbedingungen für die Start-up-Szene.

Auch SPD-Chef Martin Schulz kündigte zügige und konstruktive Verhandlungen zur Bildung einer stabilen Bundesregierung an. Ziel sei es, Deutschland nach innen gerechter, in der Bildungspolitik moderner und auf internationaler Ebene wieder zu einer führenden Kraft in der Europäischen Union zu machen. Angesichts der neuen Herausforderungen aus China und den USA werde ein starkes proeuropäisches Deutschland gebraucht, betonte er vor dem Hintergrund des Abschottungskurses von US-Präsident Donald Trump. «Das wird es nur geben mit einer sozialdemokratischen Beteiligung in der Bundesregierung.»

CSU-Chef Horst Seehofer sagte, seine Partei werde «alles daran setzen, dass wir zu einem guten Ergebnis kommen». Allerdings seien die Gespräche nach dem SPD-Parteitag vom vergangenen Sonntag nicht leichter geworden. Die CSU gehe aber mit gutem Willen in die Verhandlungen. Ziel sei, dass die Verhandlungen bis Weiberfastnacht am 8. Februar und dem Faschingswochenende abgeschlossen seien. Über einen Koalitionsvertrag sollen dann noch die mehr als 440.000 SPD-Mitglieder abstimmen. Dieser Prozess dauert nochmals drei Wochen.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte: «Ich glaube, es gibt eine Grenze dessen, was auch die Öffentlichkeit bereit ist, an Diskussionen mitzumachen.» Alle seien aufgefordert, dafür zu sorgen, dass in zehn Tagen die Arbeitsgruppen so weit seien, dass die Entscheidungen fallen könnten. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sagte: «Wir sollten sehen, dass wir in der Tat jetzt auch rasch zurande kommen. Die Bevölkerung hat so das Gefühl, es reicht jetzt.»

Die rheinland-pfälzische Regierungschefin Malu Dreyer (SPD) sagte, es sei schwer zu sagen, ob die Verhandlungen bis zum Karnevalsstart abgeschlossen werden könnten. Grundsätzlich gelte: «Gründlichkeit kommt vor Eile.»

Die SPD geht mit drei Forderungen in die Gespräche, die über das Ergebnis der vorherigen Sondierungen hinausgehen: eine Einschränkung sachgrundloser Jobbefristungen, ein Einstieg in das Ende der «Zwei-Klassen-Medizin» - worunter die SPD das Ziel der Verschmelzung von gesetzlicher und privater Krankenversicherung versteht - und eine weitergehende Härtefallregelung für den Familiennachzug von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutzstatus.

Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) wandte sich gegen die von der SPD geforderte Bürgerversicherung. «Milliardenschwere Mehrlasten für gesetzlich Versicherte durch eine Zwangsvereinigung von gesetzlicher und privater Krankenversicherung oder einheitliche Arzthonorare lehne ich ab», sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag). «Wir wollen weitere Verbesserungen für gesetzlich Versicherte, ob es um die Versorgung im ländlichen Raum oder einen schnelleren Zugang zum medizinischen Fortschritt geht. Außerdem wollen wir die Servicestellen zur besseren Vermittlung von Arztterminen stärken.»

Die SPD will aus der «Zwei-Klassen-Medizin» herauskommen. Sie beharrt auf eine Angleichung der Arzthonorare für Privat- und Kassenpatienten.

Die große Mehrheit der Bundesbürger traut der SPD einer Umfrage zufolge nicht zu, in den Koalitionsverhandlungen noch stark zusätzliche eigene Akzente setzen zu können. Dies geht aus dem jüngsten «Deutschlandtrend» für das ARD-«Morgenmagazin» (Freitag) hervor. Wäre am kommenden Sonntag Bundestagswahl, käme die SPD der Umfrage zufolge nur noch auf 19 Prozent. Im Vergleich zum «Deutschlandtrend» vom 4. Januar verliert die SPD zwei Prozentpunkte und kommt somit auf den niedrigsten Wert, den Infratest dimap seit Beginn des «Deutschlandtrends» im November 1997 gemessen hat.

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